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Fluggastdaten: Darf die Polizei wissen, in welchen Flieger Sie steigen?

Wer in Europa ein Flugzeug besteigt, über den werden seit
Mai 2018 diverse Daten gesammelt, von Polizeibehörden analysiert und jahrelang
gespeichert. Passenger Name Records (PNR) heißen diese Informationen im Englischen,
ihre Sammlung ist eine Art Vorratsdatenspeicherung für Flugreisen.

Gespeichert werden alle verfügbaren Informationen zu
Passagieren, ihrem Gepäck und ihrem Flug. Das geht bis hin zu Angaben, auf welche Art
das Ticket gekauft und wie es bezahlt worden ist. Insgesamt 19 Punkte stehen
auf der Liste der zu speichernden Daten. Wie viele einzelne Informationen es
letztlich sind, wissen nur die beteiligten Behörden. Das Argument für deren
Sammlung ist natürlich Sicherheit. In den Daten wollen Polizeibehörden nach
auffälligen Verhaltensmustern suchen und so mögliche Terroristen erkennen.

Gegen die
entsprechende EU-Vorschrift und ihre deutsche Umsetzung wehren sich jetzt eine Reihe von Politikern und Bürgerrechtlerinnen. Sie verklagen, koordiniert von
der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), Fluglinien und Bundeskriminalamt.
Ihr Ziel: So schnell wie möglich soll sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit
den zugrunde liegenden Gesetzen befassen und die anlasslose Massenüberwachung
beenden.

Notwendigkeit fraglich

Tatsächlich hat er das schon einmal getan. 2017 urteilte der EuGH, dass
eine solche Regelung zum Speichern von Passagierdaten unrechtmäßig sei. Damals ging es um ein Abkommen zwischen der EU und Kanada: Kanada wollte PNR-Daten von allen europäischen Flugreisenden übermittelt bekommen. Gesammelt werden dürften diese zwar, befand der EuGH,
aber gespeichert und genutzt werden nicht – zumindest nicht ohne konkreten
Verdacht und Anlass. Alle Daten aller Passagiere ohne Grund zu durchforsten und
jahrelang zu speichern sei nicht zulässig. Ähnliche Abkommen, die bereits mit
den USA und Australien bestanden, wurden damit ebenfalls in Zweifel gezogen.
Daraufhin beschloss die EU, eine eigene Regelung zu schreiben – und nun auch in
Europa solche Daten zu sammeln.

Gegen diese europäische Flugastdatenrichtlinie richten sich nun die Klagen (hier die Klageschrift als PDF).
“Diese neue Form der Überwachung verletzt die Fluggäste in ihren europarechtlich
garantierten Grundrechten auf Achtung des Privat- und Familienlebens sowie auf
Schutz personenbezogener Daten”, sagt Rechtsanwalt Bijan Moini, der bei
der GFF die Verfahren koordiniert.

Die Klage selbst kritisiert aber nicht nur die Verletzung von
Grundrechten. Dies geschehe noch dazu ohne erkennbaren Nutzen, heißt es in der
Klageschrift: Die Fluggastdatenspeicherung steche aus der Vielzahl an
Sicherheitsgesetzen dadurch hervor, “dass ihre Notwendigkeit nicht einmal
im Ansatz nachgewiesen ist, vielmehr die Daten von Millionen unbescholtenen
Bürgerinnen und Bürgern zu Versuchszwecken gespeichert und verarbeitet werden”.

Die US-Regierung ist sich sicher, dass PNR dabei helfen,
Terroristen zu finden. In einer Rede vor der internationalen
Zivilluftfahrtorganisation ICAO beschreibt ein Vertreter, dass man beispielsweise
2015 dank PNR zwei aus Frankreich Einreisende entdeckt habe, die Bezüge zur
Terrorgruppe IS
aufgewiesen hätten.
Man habe ihnen daher die Einreise verweigert. Allerdings räumte er auch ein,
dass man wohl nie erfahren werde, warum die beiden wirklich nach New York
reisen wollten – ob sie also tatsächlich Terroristen waren.

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