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Griechenland: Alexis Tsipras übersteht weitere Vertrauensfrage

Das griechische Parlament hat Ministerpräsident Alexis Tsipras und seiner Regierung das Vertrauen ausgesprochen. Tsipras setzte sich einmal mehr denkbar knapp durch: Im Parlament stimmten 153 der 300 Abgeordnete für ihn. Das sind acht mehr, als die Regierungspartei Syriza Abgeordnete hat. Vorangegangen war eine dreitägige, höchst aufgeladene Wahlkampfdebatte, in der jedes noch so abwegige Thema auf den Tisch kam und an persönlichen Beleidigungen nicht gespart wurde. 

Kurz vor der Abstimmung am Freitagabend ruderte Oppositionsführer Kyriakos Mitsotakis zurück. Die Debatte sei entgleist, das sei nicht sein Stil. “Aber es hat auch noch nie in der Geschichte des Parlaments ein Premierminister so mit anderen Mitgliedern des Hauses geredet wie Sie”, sagte er an Tsipras gewandt. Dieser hatte ihn am Mittwoch nicht nur geduzt, sondern ihm unter anderem vorgeworfen, weich gebettet in einer reinen Politikerfamilie aufgewachsen zu sein, also seinen heutigen Status ohne eigenes Zutun erlangt zu haben. 

Zuvor hatte Mitsotakis sich über ein Foto ausgelassen, das den Premier im Sommer 2018 urlaubend auf einer Motorjacht zeigen – nur wenige Wochen nach einer großen Brandkatastrophe nahe Athen, bei der mehr als 100 Menschen ums Leben gekommen waren. Das sei unmöglich gegenüber den Opfern und der Jacht-Urlaub außerdem entlarvend, wo Tsipras sich doch stets gegen die Eliten und den Kapitalismus wende.

Schlammschlacht zum Wahlkampfauftakt

Tsipras selbst schlug am Freitagabend schließlich ebenfalls ruhigere Töne an, kam aber nicht umhin, erneut den Vater von Mitsotakis ins Spiel zu bringen, einen früheren Ministerpräsidenten des Landes. Viel weniger diskutiert wurden dagegen die vom Premier Anfang der Woche verkündeten Pläne zur Steuersenkung und Rentenerhöhung, die von der Opposition als reine Wahlgeschenke abgetan wurden. 

Tsipras zählte wiederholt die Verdienste seiner Regierung auf und betonte, er habe das Land aus der Krise und den Hilfsprogrammen geführt. Die Opposition konterte, die Regierung würge die Wirtschaft und vor allem die Mittelklasse mit ihrer harten Besteuerung ab und schaffe kein Wachstum, sondern treibe die Misere des Landes nur weiter voran.

Auslöser der Vertrauensfrage war eine abfällige Attacke gewesen: Ein Minister von Tsipras hatte sich per Tweet über einen behinderten Politiker der konservativen Partei Nea Dimokratia geäußert: Dieser habe seinen Posten in der Gesundheitsbehörde nur auf Grund seiner Behinderung erhalten, anstatt gleichberechtigt mit anderen den Weg der normalen Bewerbung zu gehen. 

Die Opposition stellte daraufhin einen Misstrauensantrag gegen den Minister, Tsipras reagierte mit der Vertrauensfrage. Von Beginn an sprachen politische Beobachter in Athen von reinem Kalkül: In Griechenland stehen spätestens im Oktober Parlamentswahlen an, die Europawahl Ende Mai gilt als Gradmesser. Tatsächlich geriet die Debatte zum Wahlkampfauftakt zu einer Schlammschlacht. Glaubt man griechischen Medien und den Kommentarinnen in sozialen Netzwerken, hat das bei den Bürgern und Bürgerinnen mehr Vertrauen verspielt als geschaffen. “Zwei Esel zanken um fremdes Heu!”, spottete eine Twitter-Nutzerin. 

Bereits im Januar hatte Alexis Tsipras das Misstrauensvotum im Parlament knapp überstanden. 151 Abgeordnete stellten sich damals hinter seine Regierung, 148
stimmten gegen ihn. Damals war Tsipras’ Regierungskoalition
zerbrochen, nachdem Verteidigungsminister Panos Kammenos wegen des Namensstreits mit Mazedonien zurücktrat.

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