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Atomabkommen: Die Europäer dürfen zuschauen

US-Präsident Donald Trump hat den Druck auf den Iran maximal erhöht: Neue, verschärfte Wirtschaftssanktionen und eine militärische Drohkulisse sollen das Regime in Teheran zur vollständigen Aufgabe atomarer Aktivitäten, die Trump den Iranern unterstellt, und zur geostrategischen Zurückhaltung in der Region zwingen. Auf die Frage, ob er eine militärische Konfrontation mit dem Iran riskieren würde, antwortete der US-Präsident am Donnerstag: “Ich möchte nicht Nein sagen. Aber hoffentlich wird das nicht geschehen.”

Vor einem Jahr waren die USA einseitig aus dem Atomabkommen ausgestiegen, weil sie den Iran für einen Unruhestifter und Unterstützer von Terrorismus in der Region halten. Die EU aber hält an dem Abkommen fest – und gerät damit zwischen alle Stühle. Während also US-Präsident Donald Trump den Druck auf den Iran erhöht, setzt das iranische Regime der EU jetzt ein Ultimatum. Innerhalb von 60 Tagen solle sie ihre Zusagen umsetzen und den Öl- und Bankensektor vor den Sanktionen der USA schützen, die Washington nach dem Ausstieg aus dem Abkommen wieder eingesetzt hatte. Wenn das nicht geschehe, werde man wieder Uran anreichern. Das wäre dann de facto ein Ausstieg aus dem Atomabkommen.

Die EU hat das Ultimatum zurückgewiesen. Solange es nur bei Worten bleibt, so die Haltung, will man nicht reagieren. Man möchte den Bericht der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEA) mit Sitz in Wien abwarten. Die IAEA überwacht die Einhaltung des Atomabkommens. Erst wenn diese Instanz feststellt, dass der Iran das Abkommen bricht, will Brüssel handeln. Der nächste Bericht der IAEA steht Ende Juni an. Das Ultimatum Irans läuft am 8. Juli aus. Die EU spielt also auf Zeit.

Atomabkommen – Donald Trump offen für Gespräche mit dem Iran
Der US-Präsident will trotz der Eskalation im Atomkonflikt mit dem Iran verhandeln. Eine Militäraktion könne jedoch nicht ausgeschlossen werden.

© Foto: Evan Vucci

Instex funktioniert nicht

Dahinter verbirgt sich Hilflosigkeit. Denn die EU ist nicht in der Lage, ihre Zusagen gegenüber dem iranischen Regime zu erfüllen, die sie gemacht hatte, nachdem Trump aus dem Atomabkommen ausgestiegen war. Die EU-Verantwortlichen wollen das Abkommen unbedingt retten, weil sie glauben, es sei die einzige Möglichkeit, Schlimmeres zu vermeiden. Außerdem ist man auf das Abkommen stolz. Es gilt als eines der wenigen Beispiele dafür, wie Europa allein mit diplomatischen Mitteln einen sehr gefährlichen Konflikt entschärfen kann.

Brüssel hat in den letzten Monaten zwar versucht, ein System aufzubauen, das es Unternehmen erlaubt, mit dem Iran ohne Geld zu handeln, um so die US-Sanktionen zu umgehen. Instex heißt das Abrechnungsverfahren. Doch viel gehandelt wird da nicht, jedenfalls nicht so viel, wie der Iran es bräuchte. Denn wer will schon mit dem Iran Handel betreiben, wenn er mit Strafen der USA rechnen muss? An diesem Zustand wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach auch in den nächsten 60 Tagen nichts ändern.

Wenn der Iran also nach Ablauf des Ultimatums damit beginnt, Uran anzureichern – dann werden auch die Europäer nicht mehr am Abkommen festhalten können. Dann werden sie ihr Scheitern eingestehen müssen. Die Frage ist freilich, welche Optionen die EU dann noch hat. Die USA setzen ausschließlich auf extremen Druck, das Regime in Teheran soll sich Trumps Willen beugen. Einer Eskalation wird sich die EU aber nicht anschließen können. Und da sie ansonsten über keine Alternativen mehr verfügt, wird sie im Iran-Konflikt zum Zuschauen verdammt sein. 

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