/Crispr: Ethikrat fordert Moratorium für Keimbahneingriffe

Crispr: Ethikrat fordert Moratorium für Keimbahneingriffe

Als im vergangenen Jahr der Forscher He Jiankui bekannt gab, er habe die Gene von Zwillingen erfolgreich so verändert, dass sie gegen HIV resistent seien, war der Aufschrei groß. Technisch lassen sich etwa mit der molekularbiologischen Methode Crispr/Cas9 zwar schon länger krankmachende Gene gezielt
ausschalten, der Einsatz beim Menschen bleibt jedoch umstritten. Nun hat der Deutsche Ethikrat eine 230 Seiten umfassende Stellungnahme zu den Möglichkeiten, in die Keimbahn einzugreifen, vorgelegt. 

Das 26-köpfige Expertengremium befasst sich darin mit ethischen Fragen zur Zulässigkeit solcher Eingriffe.

Grundsätzlich hält der Ethikrat die Keimbahn nicht für unantastbar, derzeit seien Eingriffe aber wegen ihrer ethischen Folgen nicht abzusehen. Die Verfahren seien zu unausgereift und die Gefahr von unerwünschten gesundheitlichen Folgen zu groß. Daher solle sich ein Moratorium mit den konkreten Fragen der Anwendung beschäftigen.

Die Bundesregierung und der Bundestag sollen sich für eine verbindliche internationale Vereinbarung dazu einsetzen und klinische Anwendungen – wie etwa in China – zum gegenwärtigen Zeitpunkt verhindern, heißt es weiter. Ein internationales Institut könnte Standards für Keimbahneingriffe am Menschen erarbeiten, schlägt das Gremium vor und fordert, dass die Debatte auch national breit geführt werden müsse. Die Institution solle sich auch mit den medizinischen und
gesellschaftlichen Folgen solcher Genveränderungen befassen.

Für die Ethikerinnen und Ethiker ist zwingend, dass Eingriffe nur dann durchgeführt werden dürfen, wenn hinreichende Sicherheit und Wirksamkeit besteht und solche Verfahren angemessen sind. 

Ethikrat will mehr als Chancen-Risiken-Abwägung

Derzeit forschen Wissenschaftlerinnen und Forscher überall auf der Welt an verschiedenen
Techniken, um die im Erbgut enthaltenen Informationen gezielt zu
verändern. Am weitesten ausgereift ist bislang das Crispr/Cas9-Verfahren, mit dem
Teile der DNA mittels einer “Genschere” ausgeschnitten oder verändert
werden. So werden die Funktionen und Aufgaben einzelner Gene verändert oder ganz ausgeschaltet.

Dass überhaupt über solche Methoden diskutiert und daran geforscht wird, hat mit der Hoffnung zu tun, schwere erbliche Krankheiten wie etwa Mukoviszidose zu verhindern. Diskutiert wird aber auch, ob auf diese Weise auch genetisch bedingte Risiken für Krebs oder Alzheimer minimiert werden können. Umstritten sind jegliche Eingriffe,
um menschliche Eigenschaften und Fähigkeiten gezielt zu verbessern.

Das Gutachten beleuchtet diese drei Bereiche. Die Expertinnen und Experten skizzieren darin auch, wie umfassend die Analyse erfolgen soll. Statt einer reinen Chancen-Risiken-Abwägung sollen demnach acht weitere
ethische Kategorien beachten. Dazu gehören die Achtung
der Menschenwürde sowie der Schutz von Leben und Integrität. Mögliche
Eingriffe sollten Schaden vermeiden und dem Wohl des Patienten oder der Patientin dienen.

Insgesamt sprechen sich aber nicht alle 26 Mitglieder des Ethikrates für Keimbahneingriffe aus. Es gibt auch Stimmen, die in den Verfahren keinen ausreichenden Nutzen erkennen, der ihre potenziellen
Nachteile rechtfertigen könnte.

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