/Doris Schröder-Köpf: “Vieles ist noch oldschool in der Doris”

Doris Schröder-Köpf: “Vieles ist noch oldschool in der Doris”

DIE ZEIT:
Frau Schröder-Köpf, Doppelnamen waren dieses Jahr zur Karnevalszeit im Gespräch. In einer
Büttenrede fragte der Komiker Bernd Stelter, ob der Standesbeamte Annegret Kramp-Karrenbauer
nicht hätte warnen sollen. Können Sie da lachen?

Doris Schröder-Köpf:
Lachen nicht, aber mich könnte auch kein Büttenredner beleidigen. Ich würde mir denken: Was
juckt’s die deutsche Eiche. Trotzdem sollte man vorsichtig sein: Es gibt Menschen, die
fühlen sich angegriffen. Das kann ich verstehen.

ZEIT:
Noch immer entscheiden sich in Deutschland fast 75 Prozent der Ehepaare für den Nachnamen
des Mannes, aber nur sechs Prozent für den Namen der Frau und acht Prozent für einen
Doppelnamen. Warum haben Sie damals einen Doppelnamen gewählt?

Schröder-Köpf:
Aus romantischen Gründen. Der Name sollte die Verbindung zwischen meinem bisherigen und
meinem neuen Leben symbolisieren.

ZEIT:
Haben Sie nach Ihrer Scheidung von Gerhard Schröder überlegt, wieder Ihren Mädchennamen
anzunehmen?

Schröder-Köpf:
Nein. Ich bin zwar dazu aufgefordert worden, aber in mehr als zwei Jahrzehnten ist der Name
untrennbar mit mir verwachsen. Meine Kinder tragen alle den Nachnamen Schröder.

ZEIT:
Wer hat Sie aufgefordert?

Schröder-Köpf:
Gerd Schröder. Er vertritt die Ansicht, dass immer nur die aktuelle Ehefrau seinen Namen
tragen soll. Aber das ist, zumal bei einem Allerweltsnamen wie Schröder, ein völlig absurdes
Ansinnen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Willy Brandt mit einem ähnlichen Verlangen an
die Mutter seiner Söhne, Rut Brandt, herangetreten sein könnte. Wie auch immer: gut, dass
Geschiedene selbst entscheiden können, mit welchem Namen sie in das neue Leben nach der
Trennung gehen wollen.

ZEIT:
Wir möchten in diesem Interview über Gleichberechtigung reden. Mit welchem
Rollenverständnis sind Sie groß geworden?

Schröder-Köpf:
Ich stamme aus einem kleinen bayerischen Bauerndorf, das in meiner Kindheit in den
Siebzigern und Achtzigern Lichtjahre von den großen gesellschaftlichen Entwicklungen
entfernt war. Natürliches Ziel eines Frauenlebens waren Heirat und Mutterschaft. Auf dem Weg
dahin sollte man nicht zu laut sein, nicht zu auffällig, ganz nach dem Motto: “Sei wie das
Veilchen im Moose, sittsam, bescheiden und rein, und nicht wie die stolze Rose, die immer
bewundert will sein.”

ZEIT:
Der alte Spruch aus dem Poesiealbum. Prägt Sie das noch heute?

Schröder-Köpf:
Vieles ist noch oldschool in der Doris. Aber es hat sich im Laufe der zurückliegenden
Jahrzehnte immer stärker die andere Seite durchgesetzt, die sagt: Mach es einfach, sei die
Rose. Der innere Konflikt ist manchmal anstrengend.

ZEIT:
Ist das Ihre Maxime Ihren Töchtern gegenüber: Seid keine Veilchen?

Schröder-Köpf:
Ich habe sie und mich dazu erzogen. Obwohl ich Veilchen liebe.

ZEIT:
Bevor Sie Ihre politische Karriere als Landtagsabgeordnete in Niedersachsen starteten,
waren Sie von 2011 an für knapp anderthalb Jahre im Karstadt-Aufsichtsrat. Waren Sie da
Veilchen oder Rose?

Schröder-Köpf:
Beides. Ob der großen Verantwortung war ich erst einmal bescheiden im Auftritt. Aber ich
hatte mich gut vorbereitet. Natürlich hatten die Männer, die mit mir neu in das Gremium
einzogen, nicht vorher wochenlang die gesetzlichen Regelungen für mitbestimmte Unternehmen
studiert. Ich aber schon. Ganz schön dicke Wälzer. Fleiß ist der klassische Weg vieler
Frauen. Meiner auch.

ZEIT:
Hat sich das gelohnt?

Schröder-Köpf:
Und wie. Ich erinnere mich an eine Situation, in der angesichts meiner vorgetragenen
Bedenken allgemeines männliches Kopfschütteln herrschte. Der Firmenjustiziar hat dann aber
nach eingehender Prüfung meine Rechtsauffassung bestätigt. Mit ihm habe ich mich gut
verstanden, er wusste meine Akribie zu schätzen.

ZEIT:
Gab es in Ihrem Leben Situationen, in denen auch Sie es Frauen nicht zugetraut haben?

Schröder-Köpf:
Ich war sicher nicht immer freundlich im Umgang mit den stilleren und scheueren Frauen. Es
gab Kolleginnen, die bei jeder Frage in der Konferenz rot wurden. Da dachte ich:
Menschenskinder, stellt euch nicht so an. Und das habe ich auch zum Ausdruck gebracht. Als
Mädchen vom Dorf manchmal auch in deutlichen Worten. Der Teamgedanke war damals im
Journalismus nicht so weit verbreitet. Erst später ist mir vieles klar geworden: wie schwer
es Frauen in männlich dominierten Gruppen haben. Dass es die Strukturen sind, die Frauen
klein machen. Als ich berufstätige Mutter war, habe ich dann Solidarität erfahren und
geleistet.

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