/“Fake und Fiktion. Über die Erfindung von Wahrheit”: Was der Fake verrät

“Fake und Fiktion. Über die Erfindung von Wahrheit”: Was der Fake verrät

Herrschen heute tatsächlich überall Unwahrheiten? Der Literaturwissenschaftler Thomas Strässle gibt einen Crashkurs in Erzähltheorie und analysiert die unsichere Grenze zwischen Fälschungen und Fiktion

7. Mai 2019, 7:45 UhrEditiert am 7. Mai 2019, 7:45 Uhr

"Fake und Fiktion. Über die Erfindung von Wahrheit": Eindeutig Fiktion. Diese Theateraufführung eines alten Märchens reproduziert keine historischen Tatsachen.

Eindeutig Fiktion. Diese Theateraufführung eines alten Märchens reproduziert keine historischen Tatsachen.
© Martin Schutt/dpa

Im Jahr 1962 fand Georg Ossegg in einem Wald im Spessart, wonach er lange
gesucht hatte: die Fundamente von vier Backöfen und in einem davon die Überreste eines
weiblichen Skeletts. Daneben, in einer Truhe, ein Lebkuchenrezept. Es war unglaublich. Ossegg,
Studienrat aus Aschaffenburg, hatte etwas getan, das vor ihm niemandem eingefallen war: Er
hatte das Märchen
Hänsel und Gretel
als einen Tatsachenbericht gelesen und sich auf
die Suche nach dem Ort des Geschehens gemacht. Doch was er fand, machte aus dem Kindermärchen
einen Kriminalfall. Hänsel sei ein erwachsener Bäcker gewesen und neidisch auf eine Frau, die
an allen Bauernhöfen der Umgebung für ihre Lebkuchen berühmt war. Deshalb habe er sie als Hexe
angezeigt und schließlich gemeinsam mit seiner Schwester aufgesucht und in ihrem Ofen
verbrannt.

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