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DIW Berlin: Realeinkommen wächst weiter – vor allem für Gutverdiener

Im Durchschnitt haben Menschen in Deutschland heute fast ein Fünftel mehr Geld zur Verfügung als zu Beginn der 1990er-Jahre. Doch der Anstieg des sogenannten Realeinkommens betrifft nicht alle Einkommensgruppen gleichermaßen: Während das real verfügbare Einkommen von Gutverdienern steigt, haben Menschen mit sehr geringem Einkommen heute weniger Geld als 1991, als mit der Erhebung der Daten begonnen wurde. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin).

Die Untersuchung stützt sich auf die aktuellsten verfügbaren Daten der Längsschnittstudie Soziooekonomisches Panel (SOEP) – einer repräsentativen Wiederholungsbefragung von Privathaushalten in Deutschland. Die neusten Zahlen stammen aus dem Jahr 2016.

Dem DIW zufolge stieg das Realeinkommen der privaten Haushalte in Deutschland im Zeitraum von 1991 bis 2016 um durchschnittlich 18 Prozent. Gleichzeitig habe jedoch auch die Einkommensungleichheit zugenommen: Bei den zehn Prozent der Bevölkerung, die am meisten verdienen, nahm das
Einkommen laut der Studie zwischen 1991 und 2016 um 35 Prozent zu. Bei dem Zehntel, das
am wenigsten verdiente,
sei das Einkommen dagegen sogar um acht Prozent gesunken.

Einen möglichen Grund für diese Abweichung sehen die Autorinnen und Autoren der Studie in der ab 2010 gestiegenen Zuwanderung: Migrantinnen und Migranten verdienten in den ersten Jahren in Deutschland häufig nur sehr wenig.

Mehrheit hält ihren Verdienst für zu niedrig

Die Studienautoren wiesen auch auf die Entwicklung der Zufriedenheit hin: Zwar steige in der Regel die Zufriedenheit der Befragten mit der Höhe des Einkommens. Die Daten zeigten aber, dass auch die Gruppen mit geringen
Einkommenszuwächsen oder sogar -rückgängen zufriedener seien als in den 1990er-Jahren. Auch diese Entwicklung könnte nach Einschätzung des DIW mit der Zuwanderung zusammenhängen: Die eigene Zufriedenheit werde oft im Vergleich
mit anderen gemessen. Viele Mitglieder der unteren Einkommensgruppe seien
Migranten und verglichen sich häufig mit Menschen in ihren
Herkunftsländern, denen es noch schlechter gehe.

Trotz dieser gestiegenen Zufriedenheit mit dem Haushaltseinkommen
betrachte eine knappe Mehrheit der Befragten ihren eigenen
individuellen Nettoverdienst als zu niedrig und ungerecht. In den Augen von Stefan Liebig, dem SOEP-Direktor, sei das möglicherweise “ein Hinweis darauf, dass auch die
unterschiedliche Teilhabe an den Einkommenssteigerungen wahrgenommen
wird”.

Auch der Anteil der Personen, die über weniger als 60 Prozent des mittleren Haushaltsnettoeinkommens verfügen, stieg den Zahlen des DIW zufolge auf 16,6 Prozent – eine Steigerung und damit eine Verschlechterung von mehr als fünf Prozentpunkten im Vergleich zu 1991. Die sogenannte Armutsrisikoschwelle lag demnach 2016 für einen Einpersonenhaushalt bei rund 1.120 Euro pro Monat.

Als Realeinkommen wird in der Wirtschaft das Einkommen unter Berücksichtigung der Kaufkraft des Geldes bezeichnet. Vereinfacht gibt diese Größe an, wie viel an Waren und Dienstleistungen man sich von seinem Gehalt tatsächlich kaufen kann.

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