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Radio eins: Sagt mir, wo die Blitzer stehen

Radio eins hat beschlossen, nicht mehr über Blitzerstandorte zu berichten. Einfach so. Zur Begründung gab es ein zweiminütiges Interview mit dem Nachrichtenchef des Berliner Senders. Er sagt, Blitzermeldungen im Radio könnten durchaus verkehrspädagogisch wertvoll sein. Sie seien aber ein Relikt aus einer alten Zeit. Also: Weg damit. Fertig. Aus.

Ich habe in meinem Leben mehr Geld für Blitzerfotos bezahlt als für alle anderen Bilder, die ich besitze. Allein von meinem Blitzergeld hätte ich mir vermutlich einen umweltschonenden Kleinwagen kaufen können. Jeder Euro, jede Mark, die ich überweisen musste, ärgerten mich. Gleichzeitig verstehe ich, dass es sein musste. Deutschlands Blitzer haben in den vergangenen Jahrzehnten wohl vielen Menschen das Leben gerettet. Nebenbei haben sie einzigartige Fotos erzeugt und manch armer Kommune den Haushalt gerettet.

Vor dem Blitzer ist jeder gleich. Egal, aus welchem Maut-finanziertem Land man kommt: Wenn der Blitzer einen erwischt, muss man zahlen. Hart, aber gerecht. Wenn Deutschland schon keine CO2-Steuer erhebt, haben wir wenigstens das beste Blitzer-System der Welt. Und bei uns wird sogar im Radio darüber gesprochen! Volkserziehung! Großartig! Das ist mein Land, dachte ich so oft, als ich im Radio hörte, dass in Dorf Mecklenburg an der B106 wieder einer scharf gestellt wurde.

An dieser Stelle sei an einen Tischler aus Köln erinnert. Mehrmals hatte er Stadt und Polizei um Geschwindigkeitskontrollen gebeten, ohne Erfolg. Da dachte er sich: Mach ich mir mit meinen Kindern doch einen schönen Bastelnachmittag. Er baute mit den Kleinen einen Blitzer aus Holz und stellte ihn an die Straße. Ein Raser verklagte ihn deshalb. Vor Gericht kam der Blitzer-Tischler glimpflich davon. Sein Verhalten wecke Sympathie, sagte die Richterin. Diese Frau, werte Radio-eins-Crew, weiß um die kulturelle und soziologische Bedeutung von Blitzgeräten.

Wenn Radio eins nun Deutschlands Blitzer ausblendet, was bleibt dann noch? Vielen Tischlern dieses Landes dienten die Blitzhinweise als Inspirationsquelle. Raser wie ich brauchen die öffentliche Warnung. Und was, glaubt ihr Radio-eins-Macher eigentlich, soll aus Europa werden?

In Frankreich wurde gerade ein Moped auf einen Blitzer gewuchtet. Damit das Ding keine Temposünder mehr fotografieren kann. Die Gelbwesten waren es. Sie haben Hunderte Blitzer mit Folie umwickelt. Mehr als jeder zweite der fest installierten Blitzer in unserem Nachbarland sollen mittlerweile vom Protest betroffen sein. Für die Gelbwesten sind die Blitzer ein Symbol eines Staates, der ihnen das Geld aus der Tasche zieht.

Es wird Zeit, das Symbol des Blitzers endlich wieder positiv zu besetzen. Jetzt, da die Zukunft Europas auf dem Spiel steht, brauchen wir mehr Symbole der europäischen Einigkeit. Europäer aller Länder, vereinigt euch, versammelt euch um die Empfangsgeräte, lauscht den Blitzermeldungen, wo es noch geht. Und Radio eins, überlegt euch das noch mal.

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