/Gesundheitspolitik: Abgeordnetengruppe wirbt für mehr freiwillige Organspenden

Gesundheitspolitik: Abgeordnetengruppe wirbt für mehr freiwillige Organspenden

Eine Gruppe von Bundestagsabgeordneten um Grünen-Chefin Annalena Baerbock will die Bereitschaft zur Organspende durch die Möglichkeit einer Onlineregistrierung stärken. Die Entscheidung dafür soll damit bewusst und freiwillig bleiben und auf ausdrücklicher Zustimmung beruhen. Die Parlamentarier gehen damit auf Gegenkurs zu dem Gesetzentwurf einer ebenfalls
fraktionsübergreifenden Gruppe um Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU)
, der eine sogenannte Widerspruchslösung vorsieht.  

Eine zentrale Rolle des Vorstoßes von unter anderem Baerbock, Linke-Chefin Katja Kipping, SPD-Gesundheitsexpertin Hilde Mattheis, dem FDP-Abgeordneten Otto Fricke und der gesundheitspolitischen Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, Karin Maag, haben Hausärzte inne. Sie sollen ihre Patienten regelmäßig im Abstand von zwei Jahren zur Organspende beraten und sie zur Eintragung in das Onlineregister
ermutigen. Bürgerämter werden verpflichtet, Bürgerinnen mit Informationsmaterialien zu versorgen und
bei Abholung der Ausweispapiere zur Eintragung in das Organspenderegister aufzufordern. Sie sollen jedoch keine Beratung vornehmen.

Die von Spahn und unter anderem SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach vorgestellte Widerspruchslösung sieht vor, dass alle deutschen Staatsbürger ab 16 Jahren über den
Zeitraum von einem Jahr ausführlich
informiert und schließlich als Spender registriert werden – außer sie
widersprechen.
Die Entscheidung soll jederzeit revidiert werden können. Liegt kein
Widerspruch vor, sollen Angehörige nach dem Versterben eines möglichen
Spenders zudem gefragt werden, ob der Tote einer Organentnahme
zugestimmt hat. 

Baerbock mahnte, das hohe Vertrauen in das Gesundheitswesen nicht
dadurch kaputt zu machen, Menschen mit einem solchen Vorgehen
vor den Kopf zu stoßen. 84 Prozent der Bevölkerung stünden dem Thema Organspende positiv gegenüber, allerdings besäßen nur 36 Prozent einen Organspendeausweis. “Wir wollen diese große Lücke schließen.” Der Vorschlag berücksichtige
das Selbstbestimmungsrecht auf den eigenen Körper und sei damit
verfassungsschonender.

“Möglichst viele Menschen sollen sich bewusst für ein Ja zur Organspende entscheiden”, sagte Kipping. Im Alter von 16 Jahren setzten sich junge Menschen nicht unbedingt ernsthaft mit dem Thema Organspende auseinander. Die FDP-Abgeordnete Christine Aschenberg-Dugnus sagte, nur gut informierte Bürger könnten bewusste Entscheidungen treffen. Der Entwurf nehme Bürgern zudem Unsicherheiten und Ängste.

“Schweigen heißt nicht Zustimmung”

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz begrüßte, dass die Gruppe um Baerbock auf eine ausdrückliche Entscheidung zur Organspende
setze. Im Gegensatz dazu mache die Widerspruchslösung jeden automatisch
zum Spender. “Es wird gehofft, dass der Bürger sich mit der Organspende
nicht beschäftigt und schweigt”, sagte Vorstand Eugen Brysch. “Schweigen heißt aber nicht Zustimmung. So wird das Misstrauen in der
Bevölkerung eher verstärkt.” Unabdingbar sei vielmehr eine bewusste
Auseinandersetzung mit dem Thema. Dazu brauche es eine sachliche,
neutrale und ergebnisoffene Aufklärung und Beratung.

In Deutschland herrscht seit Jahren ein Mangel an
Spenderorganen. Im vergangenen Jahr ist die Spendenbereitschaft erstmals seit 2010 allerdings wieder gestiegen. 955 Menschen stellten nach ihrem Tod
Organe zur Verfügung. Im Vergleich zu 2017 ist das ein Plus von
knapp 20 Prozent – damals wurden in Deutschland so wenig Organe
gespendet wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr (DSO Jahresbericht, 2017, PDF). Trotz der gestiegenen
Spendenbereitschaft warteten zuletzt 9.400 schwer kranke
Menschen auf eine lebensrettende Niere, Lunge oder ein Herz.

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