/Flugreisen: Wer noch ins Flugzeug steigt, ist ein Klimasünder

Flugreisen: Wer noch ins Flugzeug steigt, ist ein Klimasünder

Ich kenne keinen Menschen, der sagt: “Och, mir sind Klimaschutz und Umwelt echt egal.” Aber ich kenne einige Menschen, die auf
innerdeutschen Strecken in ein Flugzeug steigen. Weil es so angenehm ist. So
schnell. So easy eben. Doch Fliegen zerstört das Klima und wir müssen dringend
aufhören, diesen Luxus als so selbstverständlich anzusehen.

Es ist ein tolles Gefühl, am Flughafen zu sein. Toller
jedenfalls, als am Bahnhof in der Kälte zu stehen. Am Flughafen gibt es
manchmal Zeitungen umsonst und alles ist sehr teuer und irgendwie schick, na
ja, außer man ist in Berlin-Schönefeld, aber meistens weckt ein Flughafen bei
mir das Gefühl, gerade etwas sehr Aufregendes zu tun. Am Bahnhof habe ich
dieses Gefühl nicht, denn da ist es zugig und es stinkt manchmal und
es ist sehr laut und chaotisch und irgendwas geht immer schief und das
verdammte Gepäck muss man auch alleine schleppen. Wie schön ist es dagegen, am Flughafen zu sein und etwa von München nach Frankfurt zu fliegen: Da gibt man seinen schweren Koffer vorher ab und dann sitzt man im
Warmen und trinkt einen Kaffee und liest eine Zeitung oder auf dem Telefon etwas
und guckt auf das Rollfeld, das nach Fernweh und Abenteuer aussieht. Und dann
steigt man mit den Anzugmenschen in die Maschine und alles riecht nach teurem
Aftershave und Burn-out und Businessterminen. Wichtig, wichtig.

Flugreisen: Wer noch ins Flugzeug steigt, ist ein Klimasünder.

Wer noch ins Flugzeug steigt, ist ein Klimasünder.

Das Problem ist nur: Die Strecke München-Frankfurt kann man
auch mit dem ICE fahren. Das geht sogar ziemlich schnell. Es dauert: 3 Stunden
und 16 Minuten. Die Flugzeit MUC-FRA beträgt zwar nur knapp 60 Minuten. Aber selbst
wenn man sehr schnell am Flughafen in München wäre (na ja) und sehr schnell
aussteigen könnte in Frankfurt (haha), wäre man insgesamt trotzdem mehr als
zwei Stunden unterwegs. Höchstens eine Stunde könnte man also sparen. Der ökologische
Unterschied ist dagegen enorm: Mit dem ICE addiert man für diese Strecke hin
und zurück insgesamt 17 Kilogramm CO2 zur persönlichen Klimabilanz.
Mit dem Flugzeug sind es 227,4 Kilogramm CO2 – also mehr als 13-mal
so viel
.

Auf anderen innerdeutschen Strecken ist der Unterschied ähnlich groß. Trotzdem entschieden sich im vergangenen Jahr 23,5
Millionen Menschen
dafür, innerhalb Deutschlands das Flugzeug zu nehmen. Das heißt: Knapp
65.000 Passagiere flogen jeden Tag zum Beispiel von München nach Frankfurt, von Düsseldorf
nach Berlin oder von Hamburg nach Köln/Bonn. Unter all diesen Menschen sind vermutlich
Veganerinnen, Müllvermeider und Ökostrom-Bezieherinnen. Unter ihnen sind bestimmt auch einige, die Greta Thunberg mögen oder mal auf eine
Klimaschutzdemo gehen würden und beim Fliegen hin und wieder ein schlechtes
Gewissen haben. Zumindest hoffe ich, dass ihnen nicht allen einfach komplett
egal ist, was sie da machen, dass ihnen der Schaden, den die Fliegerei
anrichtet, nur noch nicht in Gänze bewusst ist. Vielleicht glauben sie, dass es
reicht, ein bisschen weniger Fleisch zu essen oder hin und wieder das nicht
ganz so arg mit Plastik verpackte Gemüse zu wählen. Aber Spoiler: Es reicht nicht.

Mache ich schon genug? Nein!

Fliegen verursacht etwa fünf Prozent der klimaschädlichen
Emissionen weltweit. Das klingt vielleicht nach wenig. Aber aufs Fliegen
könnten wir meistens verzichten, aufs Essen und Wohnen dagegen nicht. Und: Der Flugverkehr wächst und wächst. Allein in Deutschland haben sich die Passagierzahlen innerhalb von zwei Jahrzehnten nahezu verdoppelt, auf 119 Millionen Flugreisende jährlich. Das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum prognostiziert, dass es im Jahr 2030 sogar 170 Millionen Passagiere sein werden. Insgesamt handelt es sich aber um eine Minderheit
der Weltbevölkerung, die überhaupt ins Flugzeug steigt: Lediglich drei Prozent der
Menschheit sind im Jahr 2017 geflogen. Nur 18 Prozent haben überhaupt schon mal
ein Flugzeug betreten.
Einfach gesagt: Ein paar wenige Privilegierte fliegen das Klima kaputt.

Wir kaufen
uns einen Mehrwegkaffeebecher, wir halten unsere Bambuszahnbürsten in die
Instagram-Story und quatschen vom Fahrrad- statt Autofahren – um dann zweimal
im Jahr in den Urlaub zu fliegen. Und noch für ein langes Wochenende nach
Barcelona. Ich nehme mich da nicht aus – ich bin selbst das letzte Mal vor einigen Jahren in den Urlaub geflogen und habe auch nur wenige Sekunden darüber nachgedacht, ob ich nicht gerade eine absolute Umweltsünde begehe. Denn ich
lebe seit 20 Jahren vegetarisch, kaufe sehr selten Kleidung, benutze nur
öffentliche Verkehrsmittel, gehe viel zu Fuß, beziehe Ökostrom und mache das
Licht hinter mir aus. Wie so viele fand ich, dass ich ja wohl schon genug
mache! Aber nein, leider nicht. Leider wirklich gar nicht.

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