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Westafrika-Reise: Merkels liebstes Land

Am Ende ihrer Reise durch Westafrika bekommt Angela Merkel eine Haschischplatte vor die Nase gehalten. So groß wie eine Tafel Schokolade, verpackt in gelbe Folie. Neben Merkel steht ein afrikanischer Polizist, er wiegt das Haschisch in der Hand, auf der Schulter trägt er die orange-weiß-grüne Flagge von Niger und den blau-gelben Sternenkranz der Europäischen Union. Vor ihm, auf einem klapprigen Tisch, liegt ein alter Autoreifen, in dem die Droge versteckt war. Der Polizist erklärt, dass das Haschisch aus Ghana stammt und über Niger und Libyen nach Europa verschifft werden sollte, vermutlich in den Hamburger Hafen. “Im  letzten Juni haben wir zweieinhalb Tonnen konfisziert”, sagt er. “Das war unser größter Erfolg”. Merkel nickt anerkennend.

Die Kanzlerin ist an diesem Freitagmorgen zu Besuch in Niamey, der Hauptstadt von Niger. Sie steht in einem Hof mit sandfarbenen Gebäuden, mit Palmen und Mangobäumen, bei 45 Grad im Schatten, umringt von Polizisten. Die Polizisten kommen aus Niger, aber auch aus Deutschland, Frankreich und anderen EU-Staaten. Hier steht das Hauptquartier einer Polizeimission, die sich Eucap Sahel Niger nennt und in der europäische Polizisten ihre nigrischen Kollegen ausrüsten und trainieren sollen: Sie liefern ihnen Nachtsichtgeräte und Schutzwesten, sie zeigen ihnen, wie man einen Tatort sichert oder einen Drogenschmuggler festsetzt. Etwa 13.000 nigrische Polizisten und Beamte wurden seit 2012 ausgebildet.

Merkels Besuch in Niamey ist die letzte Station einer dreitägigen Reise, die die Kanzlerin erst nach Burkina Faso, dann nach Mali und schließlich nach Niger geführt hat. Der Sahel-Staat Niger ist das Land, das auf dem Human Development Index, jener Liste, mit der die Vereinten Nationen die Entwicklung eines Landes messen, meist ganz hinten steht. Auf Platz 189 von 189 Staaten. 80 Prozent der Menschen sind Analphabeten, die Wasserversorgung ist schlecht, in vielen Gegenden gibt es keine befestigten Straßen und keinen Strom. Zwar hat das Land ein Wirtschaftswachstum von rund sechs Prozent – doch das wird aufgezehrt von der hohen Geburtenrate. In Niger bekommt eine Frau im Schnitt 7,2 sieben Kinder. So viele wie nirgendwo sonst auf der Welt.

Keinem Entwicklungsland hat Merkel zuletzt mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Kein Land bekommt pro Kopf so viel Hilfe aus Deutschland. Und keinem Regierungsführer eines vergleichbaren Staates steht Merkel so nahe wie Mahamadou Issoufou. 2016 besuchte sie Nigers Präsidenten zum ersten Mal in Niamey. Seitdem sind sich die beiden mehrmals begegnet, in Deutschland und auf Gipfeltreffen. Als Ioussoufou die Kanzlerin nun zum zweiten Mal in seiner Heimat empfing, nannte er sie “eine Freundin Nigers”. Merkel betonte, die Stabilität Nigers und der gesamten Sahelregion sei unerlässlich für die Sicherheit Europas.

Jahrelang hatte Deutschland das Land in der Sahelzone ignoriert. Bis die Flüchtlinge kamen. Durch Niger verläuft die Hauptroute der Migranten, die aus Westafrika über Libyen und das Mittelmeer nach Europa wollen. In Agadez, einer Stadt im Norden des Landes, zählte die Internationale Organisation für Migration (IOM) einst bis zu 150.000 durchreisende Migranten und Flüchtlinge pro Jahr. Heute sind es nicht mal 10.000. Das hat auch mit Angela Merkel zu tun. Mit dem Geld, das aus Deutschland nach Niger fließt. Und mit der Eucap-Mission. Denn die Polizisten in Niamey lernen nicht nur, wie man Drogen und Waffen konfisziert, sondern auch, wie man Migranten und Flüchtlinge stoppt. Seit 2015, sagt die Sprecherin von Eucap, habe sich der Fokus der Mission auf die Eindämmung der Migration verlagert.

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