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Elektroautos: “Der Verkehr sollte Teil des Emissionshandels werden”

Elektroautos stoßen bei der Fahrt kein CO2 aus, der Strom für ihren
Betrieb muss aber trotzdem produziert werden. Und auch die Herstellung der
Akkus ist energieaufwendig. Deshalb diskutieren Forscherinnen und Forscher
seit Jahren, wie umweltfreundlich E-Autos unterm Strich sind. Zuletzt hatte das
Ifo-Institut ausgerechnet
, dass die CO2-Bilanz eines Diesel-Mercedes
besser sei als die eines Teslas. An der Methodik der Studie gab
es viel Kritik
, etwa weil der Tesla viel mehr PS hat und die Autoren
vom aktuellen Strommix ausgehen.

In Europa sind die Emissionen aus der Stromproduktion
durch den europäischen Emissionshandel aber gedeckelt, sagt Wilfried Rickels, Leiter
der Abteilung Umwelt und natürliche Ressourcen am Institut für Weltwirtschaft
in Kiel.
Deshalb spare ein Elektroauto im Betrieb ab dem ersten Kilometer
gegenüber dem Verbrenner.

ZEIT ONLINE: Herr Rickels, was halten Sie von der Ifo-Studie?

Wilfried Rickels: Handwerklich finde ich die Studie gut gemacht. Ihre
Annahmen sind transparent. Je nachdem, welche Annahmen man trifft, kann man den
Punkt, an dem ein E-Auto sauberer als ein Verbrenner ist, hin- und herschieben.
Aber darum sollte es in der Diskussion gar nicht gehen, denn das Entscheidende
ist: Durch den Emissionshandel hat ein Elektroauto in Europa einen Vorteil in der CO2-Bilanz gegenüber einem Diesel oder
Benziner.

ZEIT ONLINE: Warum?

Rickels: Der Strommix ist unerheblich, weil der Ausstoß an
Klimagasen, der bei der Stromproduktion entsteht, durch den europäischen
Emissionshandel gedeckelt ist. Wer CO2 oder andere Klimagase ausstößt, muss
dafür Zertifikate kaufen. Dadurch haben Unternehmen den Anreiz, CO2 zu sparen.
Dann müssen sie weniger Zertifikate kaufen oder können sogar welche
verkaufen. Die EU legt eine maximale CO2-Menge fest und beeinflusst so den
Preis.

ZEIT ONLINE: Aber dadurch wird der Strom doch nicht automatisch
grün.

Rickels: Das muss er auch nicht, denn durch die Deckelung sinkt die
Gesamtmenge an CO2-Ausstoß nach dem Plan der EU. Die Emissionen werden an der
Stelle eingespart, wo sie am wirtschaftlichsten sind. Durch Elektroautos würde
der CO2-Ausstoß innerhalb der EU also unabhängig vom Strommix weder steigen
noch sinken. Würden auch Fahrzeug- und Batterieproduktion in der EU stattfinden
– oder außerhalb der EU mit ausschließlich erneuerbaren Energien –, wäre das
E-Auto in der Gesamtbetrachtung ein Nullemissionsauto. Verkehr, der
nicht mit Strom betrieben wird, ist dagegen nicht Teil des Emissionshandels und
hat deshalb im Betrieb die schlechtere CO2-Bilanz, weil hier die CO2-Emissionen
nicht gedeckelt sind.

ZEIT ONLINE: Genügt der Emissionshandel, um die Klimaziele zu
erreichen?

Rickels: Das ist die Frage. Man sollte den Emissionshandel in jedem
Fall stärken und mit den Klimazielen in Einklang bringen.

ZEIT ONLINE: Was ist dafür nötig?

Rickels: Der Verkehr sollte unbedingt Teil des Emissionshandels
werden. Dann können verschiedene Antriebe parallel existieren. Es wird jeweils
der eingesetzt, der am wirtschaftlichsten ist, den CO2-Ausstoß eingerechnet. Dann
wird auch der Diesel etwa auf längeren Strecken und im Transport noch länger
eine Rolle spielen.

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