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CO2-Steuer: Keine Klassenfrage

Es gibt nichts Mächtigeres als eine Idee, deren Zeit gekommen ist. Die
CO₂-Steuer, so scheint es, ist so eine. Nur: Alle paar Tage werden inzwischen neue Varianten
diskutiert. Mal soll die Steuer her, mal eine Abgabe, dann soll wieder der Emissionshandel
ausgeweitet werden. Blickt da noch jemand durch? Alles klingt plausibel, irgendwie,
unterschiedlich nur in unverständlichen Details. Leider aber kommt es diesmal auf genau die
an. Wer die Details vermasselt, wird dem Klimaschutz auf Jahre schaden.

Jedes Modell muss daher drei einfache Fragen überzeugend beantworten: Wirkt die Sache wirklich? Wer soll sie bezahlen? Und wer bekommt das Geld?

Die Antwort auf Frage eins ist leicht. Viel zu lange hat die Bundesregierung den CO₂-Ausstoß Deutschlands steigen lassen. Die Atmosphäre wurde quasi als Mülldeponie missbraucht, und die ist nun fast voll. Wer sie noch nutzt, soll mehr dafür zahlen oder, noch besser, sein Verhalten ändern. Wer hingegen klimafreundlich lebt, soll Geld sparen. Dieser Grundgedanke steckt hinter allen Modellen, die ernsthaft diskutiert werden. Alle wollen Mechanismen, die zur Marktwirtschaft passen. Alle wären wirksam.

Wem nutzt, wem schadet eine ideale Klimasteuer?

Damit bleiben noch die Fragen nach den Betroffenen – und den Nutznießern.

Am heißesten diskutiert wird derzeit eine CO₂-Steuer. Viele Wissenschaftler und auch SPD und Grüne favorisieren sie. Eine solche Steuer würde etwa aufs Öl aufgeschlagen und auf die Kohle. Dadurch würden dann beispielsweise die Besitzer alter Ölheizungen zur Kasse gebeten und die Fahrer herkömmlicher Autos.

Viele Kritiker verweisen daher auf Frankreich. Als Präsident Macron dort im vergangenen Jahr eine Klimasteuer erheben wollte, weckte das die Gelbwestenbewegung. Mehr für den Sprit zahlen, und das an einen Staat, der sich kaum um die Sorgen der Bürger schert? Das war vielen zu viel.

Große Teile von CDU und auch FDP haben Angst, dass in Deutschland etwas Ähnliches passieren könnte. Und sie wollen auf keinen Fall als Steuererhöhungsparteien in den nächsten Wahlkampf gehen. Deswegen propagieren sie lieber die Ausweitung des Emissionshandels auch für den Verkehr und den Gebäudesektor und verschweigen dabei, dass das aufgrund von EU-Recht erst in Jahren durchsetzbar sein wird. Dass damit im Klimaschutz also erst mal nichts gewonnen ist.

Dabei gäbe es einen einfachen Kompromiss, dem alle Parteien, jedenfalls die der großen Koalition, zustimmen könnten: Die Steuer oder Abgabe könnte komplett wieder ausgezahlt werden. Und zwar an jeden Bürger, pro Kopf. So wie es für Kinder ein Kindergeld gibt, würde es ein Klimageld für Klimafreunde geben. Mit dem würde die Regierung deutlich signalisieren: Es geht nicht um die Staatskasse, sondern um die Umwelt.

Und es geht um Gerechtigkeit. Durch dieses System würden nämlich ärmere Familien mit kleinen Autos und Wohnungen mehr Geld haben. Der Mechanismus ist einfach: Weil arme Menschen eher auf kleinem Fuß leben und damit vergleichsweise klimafreundlich, zahlen sie nur wenig CO₂-Steuer. Gleichzeitig bekommen sie durch das Klimageld viel Geld zurück. Bei reichen Singles mit SUV und großem Apartment wäre der Effekt umgekehrt. Die zahlen drauf, weil sie viel CO₂-Steuer entrichten und das Klimageld das nicht kompensiert. Oder sie ändern ihr Verhalten. Die Steuer hätte dann richtig gesteuert.

Dass so etwas funktioniert, zeigt die Schweiz. Dort wird Ähnliches schon praktiziert. Und auch Kanada hat gerade damit begonnen.

Bleibt noch ein Problem. Selbst ein noch so gut justiertes Modell wird nicht alle Härtefälle ausschließen können. Ein Klassiker ist der arme Pendler: Für allein lebende Arbeitnehmer, die mit einem alten Spritfresser lange Strecken zum Job fahren müssen und in einer unsanierten Wohnung leben, würde es teurer. Diese Gruppe stellt zwar nicht die Mehrheit der 18 Millionen Pendler. Und doch muss die Politik ihnen Lösungen bieten. Vielleicht eine höhere Entfernungspauschale für Geringverdiener? Oder mehr Hilfe beim Umstieg auf sparsamere Autos? Viele neue öffentliche Verkehrsverbindungen? Hilfe beim Dämmen der Wohnung?

CO₂-Steuer und Klimageld allein werden die Welt nicht retten. Aber sie wären intelligenter Umweltschutz. Und ein fairer zudem.

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