/Andrea Nahles: “Ich finde die Antworten, die Kevin Kühnert gibt, falsch”

Andrea Nahles: “Ich finde die Antworten, die Kevin Kühnert gibt, falsch”

In der Sozialismus-Debatte – ausgelöst von einem Interview des Juso-Vorsitzenden Kevin Kühnert in der ZEIT – hat SPD-Chefin Andrea Nahles mehr Gelassenheit gefordert und an die Traditionen ihrer Partei erinnert. “Wer sich ein bisschen auskennt in der SPD, der weiß, dass solche Debatten auch schon von anderen Juso-Vorsitzenden ausgelöst wurden, etwa von Gerhard Schröder”, sagte sie zum Abschluss einer zweitägigen Klausurtagung der SPD-Fraktionsvorsitzenden in Leipzig. “Ich war selbst mal Juso-Vorsitzende. Ich kann die Aufregung nicht nachvollziehen.” Das gehöre zum “Traditionsbestand” der SPD.

Kühnert hatte in dem ZEIT-Interview
unter anderem gesagt, er trete für eine Kollektivierung großer
Unternehmen “auf demokratischem Wege”
ein. Ohne Kollektivierung sei “eine Überwindung des Kapitalismus
nicht denkbar”, sagte der Vorsitzende der linken SPD-Jugendorganisation.
Am Beispiel des Autoherstellers BMW hatte er ausgeführt:
“Mir ist weniger wichtig, ob am Ende auf dem Klingelschild von BMW
‘staatlicher Automobilbetrieb’ steht oder ‘genossenschaftlicher
Automobilbetrieb’ oder ob das Kollektiv entscheidet, dass es BMW in
dieser Form nicht mehr braucht.” Entscheidend sei, dass die Verteilung
der Profite demokratisch kontrolliert werde. “Das schließt aus, dass es
einen kapitalistischen Eigentümer dieses Betriebes gibt.”

“Richtige Fragen – und trotzdem falsche Antworten”

Außerdem
will Kühnert den Besitz von Immobilien in Deutschland beschränken. Er
finde nicht, dass es ein legitimes Geschäftsmodell sei, mit dem Wohnraum
anderer Menschen seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, so der Juso-Chef. “Konsequent zu Ende gedacht
sollte jeder maximal den Wohnraum besitzen, in dem er selbst wohnt.”
Noch besser seien seiner Meinung nach genossenschaftliche Lösungen, im
Optimalfall gebe es überhaupt keine privaten Vermietungen mehr.

So wie andere SPD-Politikerinnen und -Politiker vor ihr, unterstützt auch Nahles diese Positionen explizit nicht. “Ich
finde die Antworten, die er gibt, falsch”, sagte sie in Leipzig. “Und sie sind auch
keine Forderungen der SPD”, fügte sie hinzu. “Dass der Vorsitzende der
Jungsozialisten jung und sozialistisch argumentiert, empfinde ich aber
nicht als aufregend.” Davon genervt sei sie nicht, antwortete Nahles auf eine entsprechende Frage. Für solche Äußerungen gebe es nie den richtigen Zeitpunkt. “Man kann richtige Fragen stellen und trotzdem falsche Antworten geben”, schloss sie.

In einem Interview mit dem Spiegel hatte Kühnert seine Aussagen indes bekräftigt. “Ich habe das sehr ernst gemeint, was ich formuliert habe”, sagte er. Die empörten Reaktionen
zeigten seiner Meinung nach, “wie eng mittlerweile die Grenzen des
Vorstellbaren geworden sind”. Er fügte hinzu: “Da haben 25 Jahre
neoliberaler Beschallung ganz klar ihre Spuren hinterlassen.”

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