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Hamburg Towers: Ein großer Wurf

Er hätte es nicht sagen müssen, niemand hat das verlangt, aber er wollte es loswerden, es war ihm wichtig: “Wir können nicht noch drei Jahre in der zweiten Liga bleiben. Wenn nichts passiert, ist irgendwann der Hype um unseren Verein vorbei.” Es war ein Treffen vor eineinhalb Jahren. Marvin Willoughby saß auf der Tribüne der Basketball-Arena in Wilhelmsburg, die Spieler seines Teams trainierten in der Halle, und er sprach von der Rolle, die seine Mannschaft in Zukunft in der Stadt spielen soll. Willoughby redete nicht, wie Sportfunktionäre gewöhnlich reden. Er sagte nicht, er könne nur aufs nächste Spiel schauen, es sei immer alles schwer zu planen. Er war klar, er war offen, er setzte sich unter Druck: Drei Jahre, länger nicht.

In der ersten Saison nach dem Gespräch hätte es nicht schlechter laufen können. Sein Verein, die Basketballer der Hamburg Towers, erreichte nur Rang zehn der zweiten Bundesliga. Sie schafften es nicht mal in die Ausscheidungsrunde. Was für eine Enttäuschung.

In der zweiten Saison hätte es nicht besser laufen können. Der Dreijahresplan ging bereits nach zwei Jahren auf: Marvin Willoughbys Mannschaft, die gleichzeitig sein Lebensprojekt ist, steigt in die Basketball-Bundesliga auf.

Sie schafften es am Dienstagabend in Chemnitz. Dort traten sie beim Tabellenführer der Vorrunde an, beim Favoriten. Es war die fünfte, die entscheidende Partie. Jedes der beiden Teams hatte zuvor ihre Heimspiele gewonnen. 2:2 stand es. Die Partie war dramatisch, 78:72 stand es am Ende für die Hamburger. Für Marvin Willoughby, für die Spieler, den Trainer, die Fans, unter denen Sport- und Innensenator Andy Grote war, gab es kein Halten.

Was für ein Erfolg! Für Willoughby persönlich, der diesen Verein 2013 gemeinsam mit seinem Kumpel Jan Fischer gegründet hatte und ihn seitdem systematisch auf Erfolg getrimmt hat. Aber auch für die gepeinigte Sportstadt Hamburg. Willoughby hat gezeigt, wie es gehen kann in dieser Stadt, in der die Sportvereine in den vergangenen Jahren fast nur negative Schlagzeilen produziert haben.

Die Fußballer des HSV sind in die zweite Liga abgestiegen und verspielen gerade eine Chance nach der anderen, wieder aufzusteigen. Die Fußballer des FC St. Pauli stagnieren in der zweiten Bundesliga. Die Eishockeyspieler der Crocodiles müssen sich mit einem Insolvenzplan herumplagen. Die Handballer des HSV kämpfen in der zweiten Bundesliga gegen den Abstieg.

Wie belebend anders geht es Willoughbys Hamburg Towers! Das liegt vor allem an ihm, dem sportlichen Leiter und Geschäftsführer des Vereins.

Willoughby kommt aus der Stadt, er hat früher selbst Basketball gespielt, als Profi in der Bundesliga und in der Nationalmannschaft, Dirk Nowitzki ist ein guter Freund von ihm. Als er seine Karriere beendete, wollte er etwas Neues beginnen, etwas Großes schaffen: Er wollte seinen Sport in seine Stadt zurückbringen. Wie er das geschafft hat, ist mustergültig.

Die Hamburg Towers sind ein Sportverein, gleichzeitig aber auch ein Sozialprojekt. Von Anfang an holte Willoughby die Kinder und Jugendlichen aus dem Viertel in den Verein, er organisierte mit seinem Freund Jan Fischer Camps. Sie wollten etwas tun für diejenigen, denen es nicht so gut ging. So bauten sie Beziehungen auf, die bis heute halten. Der Verein, den die beiden Freunde erfanden, bekam so einen Rückhalt im Viertel, er hat eine Identität.

Viele der Heimspiele sind ausverkauft. Knapp 3.500 Menschen passen in die Halle. Die Stimmung ist überragend, vor allem seit in dieser Saison das Spiel auf dem Court begeistert. Willoughby hat eine Mannschaft zusammengestellt, die dem Druck standgehalten hat.

Jetzt dürfen sie feiern. Und sich auf die erste Bundesliga freuen. Dort werden sie in der kommenden Saison auch auf Bayern München treffen, denn die haben eine erfolgreiche Basketball-Abteilung. Mal sehen, ob ein anderer großer Verein der Stadt das von sich auch behaupten können wird.

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