/Bundesliga-Vorschau: Die Bayern im Stadion der Hoeneßwut

Bundesliga-Vorschau: Die Bayern im Stadion der Hoeneßwut

Wer spielt wann gegen wen?

Die letzten vier Gelegenheiten, den VfL Wolfsburg doch noch in der Herzchenwertung nach oben zu pushen, brechen an. Los!

Welches Spiel dürfen Sie auf keinen Fall verpassen?

Nürnberg gegen München, Franken gegen Bayern. Nürnberg träumt, vielleicht ja auch aus Mangel an Gegenwart, von seiner Geschichte. Noch in den Achtzigern war der Club dank der Goldenen Zwanziger deutscher Rekordmeister. In der Saison des letzten Meistertitels 1968 schlug er die Bayern mit den jungen Herren Beckenbauer, Maier und Müller 7:3. Der Schütze des ersten deutschen Tors in einem WM-Finale war ein Nürnberger namens Max Morlock. Überhaupt, im Mittelalter, zu Dürer-Zeiten, als Nürnberg als die deutsche Hauptstadt galt, war München eine Pfütze bei Augsburg. Und da kann es nicht verwundern, dass die Fränkinnen und Franken auch in dieser Woche in die Vergangenheit schauen. Während sich das halbe Land über den falschen Elfmeter von Bremen aufregt, denken sie: Das war doch kein Bayern-Bonus. DAS war Bayern-Bonus: Nämlich das Phantomtor von München, das in dieser Woche 25-jähriges Jubiläum feierte. Als damals Thomas Helmer den Ball am Nürnberger Tor, in dem ein gewisser Andreas Köpke stand, vorbeistolperte, hob der Linienrichter den Arm und der Schiedsrichter entschied tatsächlich, wie aus einer Laune heraus, auf Tor. Ihre Namen, Jörg Jablonski und Joachim Osmers, haben die meisten Fußballfans vergessen, nur in Nürnberg kennt man sie noch. Das Spiel wurde wiederholt, aber es half nichts. Die Folgen des Pfiffs, vereinfacht gesagt: Bayern wurde Meister, Nürnberg stieg ab.

“An jeds Münchner Auto bruns ma a weng hie”, sang der inzwischen verstorbene Nürnberger Lyriker Maximilian Kerner in der heimlichen Vereinshymne Iiech bin a Glubberer. In Nürnberg hält man München für die Schickeria und die Hauptstadt der Reichen, Schönen und Lauten. Auch gibt es nicht den leisesten Zweifel, dass der FC Bayern der Dauerprivilegierte ist, von oben gestützt und geschützt. Heutzutage sogar von unten, nämlich aus dem Kölner Keller. “Am Sonntag kommen sie zu uns”, heißt es in Franken nun und man muss keinem erklären, wer mit “sie” gemeint ist. Man hört raunende Sätze wie: “Es wird so kommen.” Jeder weiß, was diese Prophezeiung voraussagt. Ohnehin wiegt in keinem anderen Stadion der Fatalismus schwerer, sitzt die Hoeneßwut tiefer, kein anderes fühlt sich so schnell verschaukelt. Beim ersten falschen Einwurf für die Bayern wird das ganze Max-Morlock-Stadion “Schieber” rufen. Gibt es dann noch einen Strafstoß, wird die fränkische Separationsbewegung starken Zulauf erhalten. Was wir in diesen Tagen, in denen die Schiris gegen den Verdacht bestehen müssen, den Bayern in schweren Zeiten beizustehen, sagen wollen: Es gab schon leichtere Aufgaben für Tobias Stieler.

Welches Spiel können Sie mit gutem Gewissen verpassen?

Das Ruhrpott-Derby. Es wird Ihnen zwar schwerfallen, dem Spiel zu entkommen: Die ARD überträgt einmalig ein Spiel am Samstagnachmittag. Das Spiel läuft auch auf Sky, das sich durch die ARD mehr Aufmerksamkeit für sein Produkt wünscht, die Pay-TV-Rübe wird dem Esel einmal hingehalten. Sky muss aber auf einen eigenen Kommentator verzichten. Den darf die ARD stellen, Steffen Simon wird Sie durch den Nachmittag begleiten, egal wo Sie gucken. Falls Sie trotzdem einschalten, sollten Sie ein Anhänger robuster Fernsehfilme sein. Es wird ein Derby, in dem gerauft und gebissen, vermutlich aber nicht so viel brilliert wird. Thomas Delaney sagte: “Es wird vielleicht nicht das schönste Spiel.” Soll keiner danach sagen, er hat es nicht gewusst.

Für beide steht einiges auf dem Spiel: Der BVB darf nicht verlieren, nicht mal unentschieden spielen, um seine Meisterchance zu wahren. Die Erinnerungen an 1995 leben, damals machten die Bayern den BVB zum Meister. Und Schalke könnte noch in die Relegationsgegend geraten. Ohnehin liefert Schalke gerade wenige Argumente, warum man ihre Spiele auswählen sollte, außer man ist einer von den Typen, die auch bei Autounfällen anhalten und Fotos machen. Zu denen gehört offenbar Lucien Favre, der BVB-Trainer: “Die Spiele, die ich gesehen habe, war Schalke gefährlich”, sagte er. Wer nun denkt, Favre hat sich VHS-Kassetten aus den Neunzigern besorgt, irrt. Der Mann redet von diesem Jahr. Zum Beispiel, als Schalke im Februar noch gegen Manchester City 85 Minuten lang in Führung lag. Kaum zu glauben, aber er hat recht. Gut, Schalke verlor auch das Spiel trotz Überzahl 2:3 und hat seitdem nur einmal gegen die noch schlechteren Hannoveraner gewonnen.

Wer steht im Blickpunkt?

Der VfB Stuttgart hat mal wieder einen neuen Trainer, Nico Willig folgt auf den erfolglosen Markus Weinzierl. Vier Spiele hat der Jugendcoach Zeit, im kalten Wasser Bundesliga schwimmen zu lernen. Wenn es gut läuft, darf er in die Relegation, schon Platz 15 ist für den Verein, der vor der Saison auf den Europapokal schielte, wohl nicht mehr drin. Unter seinen Erwartungen blieb auch der Aufsichtsratsvorsitzende Wolfgang Dietrich. Gegen ihn erhebt der Kicker den Vorwurf, er partizipiere über sein ehemaliges Unternehmen Quattrex finanziell am sportlichen Erfolg von VfB-Konkurrenten. Dietrich bestreitet das. Doch Dokumente wecken Zweifel an ihm. Der VfB lernt gerade: Die Tabelle und das Handelsregister lügen nicht.

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