/Baijiu: Ein Cocktail für wilde Straßen

Baijiu: Ein Cocktail für wilde Straßen

Ist ein Mojito ein Longdrink? Muss bei einer Margarita immer ein
Salzrand ans Glas? Und wie viel Zitrone gehört in einen Whiskey Sour?
Unsere Serie “Absacker” beantwortet diese Fragen und verrät Ihnen, wie Sie sich selbst den
richtigen Drink für einen perfekten Abend mixen können. Denn hinter
jedem Drink verbirgt sich ein Lebensgefühl.

1,3 Milliarden Chinesen können nicht irren – auch wenn
es sich um ein Getränk handelt, das erst mal nach Gummibärchen riecht. Die
weltweit am meisten getrunkene Spirituose ist weder Whiskey noch Wodka, sondern
Baijiu. Gebrannt aus Hirse oder auch Reis, erhältlich in vier Geschmacksrichtungen,
von mild bis stark. Mehr als zehntausend Destillerien gibt es, 2016
produzierten sie insgesamt rund 13 Milliarden Liter. Und die Chinesen lieben
es. Baijiu ist Schmiermittel sozialer Beziehungen, mit ihm werden Freundschaften
und vor allem Geschäfte besiegelt. Ein guter Gastgeber ist einer, der seine
Gäste betrunken macht, dafür gibt es im Chinesischen sogar ein eigenes Wort, quanjiu, die Überredung zum Trinken.
Üblicherweise nimmt man den Schnaps aus fingerhutkleinen Gläsern und ausschließlich
zum Essen zu sich, getreu dem ebenfalls chinesischen Sprichwort “Man kann den Tisch
nicht ohne Alkohol decken”.

Wie so viele Produkte im asiatischen Raum ist Baijiu (sprich:
bei-dschi-o-u) ein Fermentationsprodukt, bestehend aus Getreide und einer
Hefepilzkultur. Während der Lagerung in Lehmgruben nehmen die Hefemaischeblöcke
die im Erdloch angesiedelten Bakterien auf, weswegen man, wie beim Wein, von
Terroir sprechen kann. Die so entstehende Maische wird destilliert und reift
anschließend zwei bis drei Jahre lang in Terrakottafässern.

Die Beziehung der Chinesen zu ihrem Nationalgetränk ist
eine spezielle. Vor einigen Jahren übertrafen die staatlichen Ausgaben für
Schnaps und damit verbundene Feierlichkeiten den Verteidigungsetat. In manchen Stellenanzeigen
wird explizit Trinkfestigkeit erfordert, eine Berufsschule in der Provinz Guizhou
machte das Baijiu-Trinken zum Prüfungsfach. Da kann es schon mal passieren, dass
der Genuss auf der Strecke bleibt. Überraschenderweise waren es Ausländer, die
2014 die erste Bar Pekings eröffneten, in der ausschließlich Baijiu
ausgeschenkt wurde. Im bis heute existenten Capital Spirits wurden damit sogar
Cocktails gemischt, für die Einheimischen völlig neues Terrain.

Armin Azadpour (l.) mit der Crew seiner Bar in Frankfurt am Main
© Hunky Dory

Einige Jahre später ist das auch in Deutschland der
Fall. Bartender schätzen Baijiu für seine Vielseitigkeit. Während die einen Dschungelboden
und feuchte Erde schmecken, schwärmen andere von reifen Südfrüchten, Pfeffer-
und Anisnoten. Armin Azadpour lebt zwar in Hessen, träumt aber von China.
“Baijiu versetzt einen in die wilden Straßen Pekings”, erzählt der Besitzer der
Frankfurter Bar Hunky Dory. Gezähmt wird die für manche etwas
gewöhnungsbedürftige Geschmacksexplosion in seinem Drink durch trockenen
Wermut und Soda. Damit hätte sich vermutlich auch Henry Kissinger arrangieren
können. Den erinnerte Baijiu nicht an Gummibärchen, sondern an Kerosin.

Baijiu-Ming-River-Cocktail

Zutaten:

  • 4 cl Ming-River-Jackfruit-Infusion
  • 2 cl Noilly
    Prat Vermouth 
  • 10 cl Soda
  • 2 cl
    Limettensaft
  • 1 cl Zuckersirup

Für die
Ming-River-Jackfruit-Infusion:

  • 700 ml Ming River Baijiu
  • 250 g Jackfruit-Fruchtfleisch

Zubereitung:

Für die Ming-River-Jackfruit-Infusion Baijiu und Fruchtfleisch bei 60 Grad für eineinhalb Stunden im Sous-vide-Bad garen. 40
Zentiliter abmessen und mit Wermut, Limettensaft und Zuckersirup verrühren. Mit
Soda aufgießen und servieren.

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