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Donald Trump: Das Weiße Haus macht dicht

Donald Trump teilt nicht gern. Schon gar nicht die Macht, über die er als US-Präsident verfügt. Nicht erst seit dem Mueller-Bericht über die beinahe zweijährigen Russland-Ermittlungen ist bekannt, wie er sich das Amt vorstellt: Er bekommt, was er will. Und für Trump anscheinend manchmal noch wichtiger: Andere bekommen eben nicht, was sie wollen. Steuererklärungen? Vergesst es! Unterlagen aus dem Weißen Haus? Keine Chance! Aussagen vor den Untersuchungsausschüssen im Kongress? Lächerlich! Der Präsident sagt: “Es ist genug” – und stellt damit die Gewaltenteilung in den Vereinigten Staaten auf eine schwere Probe.

Nach den zwar detaillierten, aber eng auf die rein strafrechtlichen Aspekte der russischen Wahlbeeinflussung und der Justizbehinderung durch Trump beschränkten Schilderungen in Muellers Bericht wollen es insbesondere die Demokraten im Kongress genauer wissen. Mit Recht. Das Parlament mit seinen beiden Kammern ist schließlich ein unabhängiger Zweig des Regierungssystems, dessen ureigenste Aufgabe darin besteht, den Präsidenten zu kontrollieren. Und wenn der Mueller-Report eines deutlich gemacht hat, dann dies: Die Kontrolle ist absolut notwendig. Nach demokratischen Gesichtspunkten sollte das ohnehin keine Frage sein, mit einem möglichen Amtsenthebungsverfahren hat das noch gar nichts zu tun.

So hat etwa der demokratische Vorsitzende des Justizausschusses im Repräsentantenhaus, Jerrold Nadler, den früheren Rechtsberater des Weißen Hauses, Don McGahn, rechtlich verbindlich zu einer Befragung vorgeladen. Der Jurist spielt eine besondere Rolle in Muellers Bericht, wird im zweiten Teil mehr als 150-mal erwähnt oder zitiert, er hat in ausführlichen Sitzungen bereitwillig ausgesagt, gleichsam als Kronzeuge: Trump soll ihn demnach unter anderem angewiesen haben, die Entlassung des Sonderermittlers zu betreiben, McGahn hielt das für undenkbar, wollte sogar zurücktreten. Es ist ein Muster, das der Report mehrfach belegt, und Mueller schreibt dazu: “Die Bemühungen des Präsidenten, die Untersuchung zu beeinflussen, waren meist nicht erfolgreich, aber das hat vor allem damit zu tun, dass die Leute im Umfeld des Präsidenten sich weigerten, seine Anweisungen auszuführen oder seinen Wünschen nachzukommen.”

“Ich war so transparent”

Trump hat in dieser Woche deutlich gemacht, dass er unbedingt verhindern will, dass gegenwärtige und ehemalige Mitarbeiter des Weißen Hauses vor den Kongressausschüssen sprechen. Es brauche keine weiteren Untersuchungen, es habe keine Verbrechen gegeben, was die Demokraten nun betrieben, sei die Fortsetzung ihrer politisch motivierten Hexenjagd. Er habe es ja allen erlaubt, gegenüber Mueller auszusagen, “so viele Stunden lang”, sagte er der Washington Post: “Ich war so transparent.” Schon deshalb dürfte es etwa im Fall McGahns juristisch schwierig werden, dessen Auftritt zu unterbinden. Dass der Rechtsberater uneingeschränkt mit dem Sonderermittler kooperierte, schien Trump ja nicht gestört zu haben – es wäre schwer zu begründen, was sich inzwischen geändert haben soll. McGahn ist für den 21. Mai vorgeladen, bis zum 7. Mai soll er Dokumente vorlegen. Wenn das Weiße Haus ihn lässt, andernfalls dürfte der Streit um seine Befragung einige Zeit dauern.

Das ist es wohl auch, was Trump mit seiner angekündigten Totalverweigerung erreichen will: nach Möglichkeit alles hinauszögern. Verlieren kann er dabei erst einmal nichts. Für die Demokraten wird es mühsam, ihre Forderungen zur Not vor Gericht durchzusetzen, und ein Scheitern ist zumindest in manchen Fällen nicht ausgeschlossen. Und währenddessen erzählt der Präsident fortwährend seine Lieblingsgeschichte: Ich bin unschuldig, das ist ja nun bewiesen, die anderen sind die wahren Verbrecher, gegen die ich mich wehren muss.

Auftritt vor Millionenpublikum wiegt mehr als der Bericht

Aber es ist auch klar, wovor Trump Angst hat: Es ist eben etwas anderes, ob jemand wie McGahn seine Angaben gegenüber den Ermittlern macht und sie nun in Muellers Bericht zu lesen sind – oder ob der parteiübergreifend angesehene frühere Rechtsberater sie im Ausschuss wiederholt, weitergehende Fragen beantwortet und sein Auftritt live im Fernsehen übertragen wird. Eine kraftvolle und überzeugende Aussage vor einem Millionenpublikum könnte einen weitaus gravierenderen Effekt auf die öffentliche Meinung haben als die schriftlich fixierten Schilderungen. Und damit auch den Druck auf den Kongress erhöhen, aus den Erkenntnissen Konsequenzen zu ziehen. Der Mitschnitt dürfte außerdem gutes Material für Spots im kommenden Wahlkampf liefern.

Der Mueller-Report belegt insgesamt zehn unterschiedliche Episoden, die Trump der Justizbehinderung mehr als verdächtig machen. Und er hält deutlich fest: Auch wenn daraus nicht der Schluss gezogen wurde, der Präsident habe sich zweifelsfrei strafrechtlich schuldig gemacht, bedeutet das nicht, dass es keine Beweise für sein Handeln in dieser Absicht gibt. Gleiches gilt für Hinweise auf anderes Fehlverhalten. Der Kongress muss damit umgehen und ist in der Tat gefragt, auch über die rein kriminellen Tatbestände hinaus seiner Kontrollfunktion nachzukommen. Manche demokratischen Politiker und Beobachter sagen schon jetzt, dass ein Amtsenthebungsverfahren zwingend ist. Auch diesem Lager könnte McGahns Aussage weiteren Zulauf verschaffen.

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