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US-Sanktionen: Öl als Waffe

Es sieht fast so aus, als wolle Donald Trump den Europäern zeigen, wer am
längeren Hebel sitzt. Ab dem 1. Mai darf der Iran praktisch keinen Tropfen Öl mehr an andere
Länder liefern. Das sehen neue, verschärfte Sanktionen vor, die die amerikanische Regierung am
vergangenen Wochenende verkündet hat. Mit seinem Vorstoß hat Trump die Ölmärkte verunsichert
und der europäischen Iran-Strategie einen schweren Schlag versetzt.

Die iranische Regierung hatte 2015 ein internationales Abkommen unterzeichnet, das dem Land wirtschaftliche Erleichterungen verspricht, wenn es im Gegenzug seine Atomanlagen überwachen lässt. Donald Trump kündigte den Vertrag im vergangenen Jahr auf und überzog den Iran mit neuen Sanktionen. Die Europäer halten aber an der vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gebilligten Abmachung fest – und suchen seither nach Wegen, wie sie die Geschäftsbeziehungen mit dem Land aufrechterhalten können.

Das erweist sich als schwieriger als zunächst vermutet, weil sich die meisten europäischen Firmen aus Angst vor Strafmaßnahmen der Amerikaner aus dem Iran zurückgezogen haben – und das obwohl sie dafür wiederum in Europa bestraft werden können. Die EU hat nämlich extra ein Antisanktionsgesetz auf den Weg gebracht. Es ermöglicht es den europäischen Staaten, Unternehmen mit einer Geldbuße zu belegen, wenn sie sich an die Vorgaben aus Washington halten. Die deutschen Exporte in den Iran jedenfalls sind allein im vergangenen Jahr um neun Prozent eingebrochen.

Große Hoffnung setzte man in Brüssel zuletzt auf einen unabhängigen Zahlungsmechanismus, den die deutsche Bundesregierung zusammen mit Frankreich und Großbritannien aufgelegt hat. Eine Gesellschaft mit dem Namen Instex soll dafür sorgen, dass Firmen, die Waren nach wie vor in den Iran liefern, wenigstens an ihr Geld kommen. Sie stehen häufig vor dem Problem, dass Überweisungen in das Land nicht möglich sind, weil die Banken keine Gelddienstleistungen mehr anbieten.

Im Prinzip funktioniert Instex wie ein Tauschbasar: Lieferungen europäischer Firmen in den Iran werden mit Lieferungen iranischer Firmen nach Europa verrechnet. Öl ist aber das wichtigste Exportgut des Regimes in Teheran. In der EU beziehen Griechenland und Italien noch iranisches Öl.

Wenn das nun nicht mehr möglich ist, weil griechische und italienische Importeure ihre Verträge mit den Mullahs kündigen, wird es auch nicht gelingen, mithilfe eines unabhängigen Zahlungssystems die Geschäfte mit dem Iran in Schwung zu bringen. Dann haben die Iraner schlicht nicht mehr viel, das sie zum Tausch anbieten könnten.

In dem Fall hätte die amerikanische Regierung ihr Ziel erreicht: Der Iran wäre finanziell und ökonomisch isoliert, und der lautstarke Protest der Europäischen Union hätte sich in der Praxis als folgenlos erwiesen. Die Reaktion aus Brüssel deutet darauf hin, dass das kein unwahrscheinliches Szenario ist. Die EU-Kommission ließ zwar mitteilen, sie “bedauere” die Entscheidung Trumps, mögliche Gegenmaßnahmen kündigte sie aber nicht an. Am Ende ist der amerikanische Markt für die europäische Wirtschaft einfach zu wichtig.

Was das für den Iran bedeutet, ist unklar. Die Amerikaner setzen darauf, dass der wachsende Druck die Regierung in Teheran dazu bringt, sich aus den regionalen Konfliktherden zurückzuziehen und prowestliche Reformen umzusetzen. Es ist aber genauso gut möglich, dass die radikalen Kräfte gestärkt werden.

Für die Europäer, die am Fall Iran zeigen wollten, dass sie zu einer eigenständigen und von den USA unabhängigen Außenpolitik fähig sind, ist Trumps Schritt vor allem eine Demütigung.

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