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Biosupermärkte: Betriebsrat unerwünscht

Der Biosupermarkt ist der Gegenentwurf zu einem Discounter. Hier kauft man mit einem guten Gewissen ein, hier gibt es Nachhaltigkeit und Fairness. Und der Marktanteil der Biosupermärkte am Lebensmitteleinzelhandel wächst. Einer Studie im Auftrag des Bundesverbands Naturkost Naturwaren zufolge hat die Zahl dieser Supermärkte in den vergangenen sieben Jahren um 130 Prozent zugenommen, deutschlandweit. Mehr als zehn Milliarden Euro wurden im vergangenen Jahr mit Biolebensmitteln umgesetzt.

Doch längst nicht alles bei den großen Bioketten ist fair. Immer wieder gibt es Berichte, dass ausgerechnet diese Arbeitgeber ihre Mitarbeiter schlecht behandeln. Immer wieder geraten die auf Wachstum ausgerichteten Biounternehmen in die Schlagzeilen, zum Beispiel weil die Gründung eines Betriebsrats verhindert wird.

Wie im Fall Alnatura, dem Branchenzweiten unter den Bioketten. Hier wollten Beschäftigte einer Bremer Filiale 2015 einen Betriebsrat gründen. Viele in dem Team aus damals 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sollen über Überstunden und unfaire Bezahlung geklagt haben, sagt Sandra Schmidt, Gewerkschaftssekretärin bei ver.di in Bremen. Es wäre die Gründung des zweiten Betriebsrats bei Alnatura gewesen, nur in Freiburg gibt es seit 2010 noch einen. Die Beschäftigten hätten in der Folge auch einen Gesamtbetriebsrat für das ganze Unternehmen gründen können – für eine stärkere Vernetzung der Filialen untereinander. Bis heute jedoch gibt es bei Alnatura in Bremen keinen Betriebsrat. Stattdessen hat sich schon das Bundesarbeitsgericht mit dem Fall beschäftigt.

Mitarbeiter haben Unternehmen verlassen

Ehemalige Beschäftigte von Alnatura werfen dem Unternehmen vor, schon verhindert zu haben, dass ein Wahlausschuss berufen wird, der eine Betriebsratswahl organisiert. Das Unternehmen wiederum behauptet, dass die Mehrheit der Beschäftigten in der Bremer Filiale gar keinen Betriebsrat wollte, und verweist auf einen offenen Brief von einigen Mitarbeitern. Seit Jahren dauert der Rechtsstreit nun schon an, die meisten Mitarbeiter, die den Betriebsrat gründen wollten, sind inzwischen nicht mehr in dem Unternehmen. Sie haben Aufhebungsverträge unterschrieben oder ihre Verträge wurden nicht verlängert. (Eine detaillierte Fallrekonstruktion können Sie hier lesen.)

Trotz dieser Ereignisse hat das Karrierenetzwerk Xing Alnatura gerade erst mit dem New Work Award als guten Arbeitgeber ausgezeichnet. Der Preis wird an Unternehmen verliehen, die auf flexibles Arbeiten, flache Hierarchien und keine festen Gehaltsstrukturen setzen. Für die Geschäftsführung von Alnatura eine schöne Sache: “Wir glauben an die Selbstverantwortung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und das ist wohl auch der Grund, dass es bisher nur in einem einzigen Markt den Wunsch nach einem Betriebsrat gab.”

Auch beim Marktführer Dennree, der die denn’s Biomärkte betreibt, gab es einige Hindernisse, bis die Beschäftigten zu einer stärkeren Mitsprache kamen. Jetzt aber steht bald eine Betriebsratsgründung an. Vor Kurzem wurde erfolgreich ein Wahlvorstand gewählt, der eine Betriebsratswahl für die 850 Mitarbeiter am Firmensitz in Töpen in Oberfranken organisiert. 

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