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Was droht der Weltwirtschaft?

Brexit

Das Miniwerk von BMW in Oxford ist gerade geschlossen. Das Management befürchtete, dass in den ersten Brexit-Wochen chaotische Verhältnisse an der Grenze ausbrechen könnten, und deshalb wurden die jährlichen Werksferien vorgezogen. Die Idee war gut, doch die Briten waren noch nicht so weit.

Der Austritt aus der Europäischen Union wurde vom 29. März auf ein noch unbekanntes Datum verschoben. Zum heutigen Stand kann niemand mit Sicherheit sagen, wann er kommt und wie der Warenverkehr danach organisiert werden soll. Wird es eine Zollunion geben? Einen gemeinsamen Markt? Treiben die EU und Großbritannien künftig Zölle auf die zwischen ihnen gehandelten Produkte ein?

Diese Unsicherheit hat Folgen für die Konjunktur. Unternehmen verschieben Investitionen, weil nicht klar ist, was passieren wird. Mehr als die Hälfte der deutschen Automobilunternehmen gibt an, dass ihnen der Brexit bei der langfristigen Planung ihrer Geschäfte zu schaffen macht. Das ist das Ergebnis einer Umfrage, die von der Beratungsgesellschaft Deloitte in Kooperation mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie erstellt wurde.

Sollte es zum harten Brexit kommen, also zum Austritt ohne weitere Vereinbarungen, würde es am härtesten die britische Volkswirtschaft treffen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet für diesen Fall mit einer Rezession auf der Insel. Auch in der EU würde das Wachstum dadurch geschwächt. Folgen hätte der Austritt Großbritanniens aus der EU auch für andere Länder, die enge Handelsbeziehungen zu Europa und dem Königreich haben, warnt die Weltbank. Insbesondere die Volkswirtschaften Osteuropas und Nordafrikas hätten darunter zu leiden. Ingo Malcher

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Handelsstreit

China, Europa, Indien – kaum noch eine wichtige Volkswirtschaft, die Donald Trump nicht mit
einem Handelskrieg bedroht. Zwischen den USA und China laufen derzeit Verhandlungen über einen
Deal, der das Schlimmste vermeiden soll. Doch ob der gelingt, ist offen.

Neuerdings geht es auch gegen die EU. Die Gemeinschaft sei ein “brutaler Handelspartner” für
die USA, beschwerte sich der Präsident vergangene Woche. Der europäische Flugzeugbauer Airbus
etwa erhalte unzulässige Subventionen. Dieses Argument ist nicht neu, bereits George W. Bush
hatte bei der Welthandelsorganisation (WTO) deswegen Klage eingereicht. Dort wird im Sommer
entschieden, welche Vergeltungsmaßnahmen den USA zustehen.

Trump läuft sich aber schon warm: Er droht Strafzölle im Umfang von elf Milliarden Dollar an,
für Einfuhren vom Helikopter bis zum Käse. Angesichts von 490 Milliarden Dollar an jährlichen
EU-Importen wäre das noch verkraftbar. Im Mai will Trump außerdem entscheiden, ob die USA
künftig 25 Prozent Zoll auf Autos erheben. Das würde vor allem Deutschland hart treffen, für
Japan könnte es ein Ende der Konjunkturerholung bedeuten. Immerhin hat die EU der Kommission
am Montag das Mandat für Verhandlungen mit Trump gegeben, damit sollen die Zölle abgewendet
werden. Doch ob das gelingt, kann niemand sagen.

Trumps Handelspolitik ist so unberechenbar, weil unklar ist, was er eigentlich will: Bloß
bessere Konditionen oder eigentlich doch Abschottung von der Welt? In letzterem Fall hat die
Weltwirtschaft ein riesiges Problem. Heike Buchter

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Zentralbanken

Wer auf Mario Draghi folgt, wenn der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) im Herbst
aus dem Amt scheidet, ist noch nicht klar. Etwas anderes ist aber klar: Draghis Nachfolger
wird es nicht leicht haben. Wie fast alle großen Zentralbanken ist die EZB im Kampf gegen die
internationale Finanzkrise an ihre Grenzen gegangen. Sie hat die Zinsen auf null gesenkt und
Staatsanleihen gekauft, um die Wirtschaft zu stützen.

Das bedeutet auch: Wenn die Konjunktur demnächst einbrechen sollte, ist es für die
Notenbanken nicht mehr so leicht möglich, sie durch niedrigere Zinsen erneut in Gang zu
bringen. Die Zentralbanker müssen im Bedarfsfall zu unkonventionellen Methoden greifen, um
zusätzliches Geld in Umlauf zu bringen. Sie müssen zum Beispiel noch mehr Wertpapiere kaufen.
Der Nachteil: Diese Methoden sind in der Praxis nicht ausreichend erprobt und haben
möglicherweise unerwünschte Nebenwirkungen. Hinzu kommt: Die Notenbanken selbst sind zum Ziel
politischer Ränkespiele geworden. In den USA will Donald Trump die Federal Reserve mit
Gefolgsleuten besetzen. Sie sind ihm treu ergeben, aber nach Einschätzung der meisten Experten
für das Amt nicht ausreichend qualifiziert.

Ein Problem ist das, weil die Geldpolitik traditionell als das Mittel der Wahl gilt, um einen
wirtschaftlichen Abschwung zu bekämpfen. Unabhängige Notenbanken können viel schneller und
zielgenauer darauf reagieren als beispielsweise Regierungen mit Konjunkturpaketen, die erst
noch durch die Parlamente müssen. Der Weltwirtschaft fehlt also der Sicherheitsgurt – auch das
macht die Lage so brisant. Mark Schieritz

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Anleihen

Wenn die nächste Finanzkrise kommt, werden aller Wahrscheinlichkeit nach wieder Schulden der
Auslöser sein. Bei der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds warnte Tobias Adrian,
bei der Institution zuständig für Kapitalmärkte: Diesmal sind viele Unternehmen hoch
verschuldet. Doch die Warnung kommt spät.

Seit der jüngsten Weltfinanzkrise im Jahr 2008 hat sich die Summe der ausstehenden
Unternehmensanleihen auf 13 Billionen Dollar verdoppelt. Vor allem in China haben sich
Unternehmen zunehmend über Schuldscheine finanziert. In den USA entspricht die Summe der
ausstehenden Unternehmensanleihen mit neun Billionen Dollar schon rund 45 Prozent der
jährlichen Wirtschaftsleistung. Grund für die Kreditblase ist ausgerechnet die
Niedrigzinspolitik, mit der die Notenbanken die Folgen der Krise 2008 abmildern wollten.

Jetzt gibt es etliche Parallelen zur Zeit vor der Krise 2008. Wieder sind bei Investoren
Instrumente beliebt, die Investmentbanken aus verschiedenen Krediten zusammengemixt haben.
Hedgefonds kaufen Anleihen von hoch verschuldeten Unternehmen, nur um auf deren
Zahlungsunfähigkeit zu wetten. Dann versuchen sie, die Unternehmen tatsächlich in die Pleite
zu zwingen, um über die Derivate Gewinne einstreichen zu können. Eine so ausgelöste
Unternehmenspleite könnte eine Kettenreaktion auslösen. Erst recht, wenn die Zinsen irgendwann
wieder steigen und Billionen ausstehender Anleihen zur Rückzahlung anstehen. Heike Buchter

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Staatsverschuldung

Ein trauriger Rekord: Die weltweite Staatsverschuldung wird im kommenden Jahr auf 83 Prozent
der Wirtschaftsleistung anwachsen. Das schätzt der Internationale Währungsfonds (IWF). Es ist
der höchste Wert seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Sie steigt in Schwellenländern wie
Brasilien und Mexiko, aber auch in einigen Industriestaaten. Die italienische Schuldenquote
etwa wird demnach in den kommenden fünf Jahren auf fast 140 Prozent des jährlichen
Bruttoinlandsprodukts steigen, die amerikanische auf mehr als 110 Prozent.

Die hohe Verschuldung wird zunehmend zum Risiko für die Konjunktur. Mit den steigenden
Verbindlichkeiten wächst die Gefahr, dass Investoren irgendwann nicht mehr bereit sind, diesen
Staaten frisches Kapital zu leihen. Dann müssen sie mehr Gegenleistung für zusätzliches Geld
bieten. Es droht eine Spirale aus steigenden Zinsen und höheren Schulden, die im
Staatsbankrott enden kann.

Der Währungsfonds sieht diese Gefahr vor allem in Italien. Die Regierung in Rom musste vor
wenigen Tagen einräumen, dass das Staatsdefizit in diesem Jahr höher ausfallen wird als mit
der Europäischen Kommission abgesprochen. Die Italiener müssten also eigentlich die
Staatsausgaben herunterfahren. Das allerdings würde neue Probleme aufwerfen, weil ein solcher
Sparkurs die Konjunktur belastet.

Immerhin: Deutschland steht vergleichsweise gut da. Die deutsche Staatsverschuldung wird laut
IWF bis 2024 auf rund 43 Prozent der Wirtschaftsleistung sinken. So niedrig war sie zuletzt
vor der Wiedervereinigung. Mark Schieritz

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