/Mauerfall: Bitter enttäuschte Hoffnungen, nagelneue Utopien

Mauerfall: Bitter enttäuschte Hoffnungen, nagelneue Utopien

Dreißig Jahre nach dem Mauerfall wird in Ausstellungen und Festivals an die Revolution von 1989/90 wiedererinnert.

21. April 2019, 16:59 UhrEditiert am 21. April 2019, 16:59 Uhr

Mauerfall: Der Zentrale Runde Tisch der DDR und was von ihm übrig blieb: Die Installation "Sturzlage" in Berlin

Der Zentrale Runde Tisch der DDR und was von ihm übrig blieb: die Installation “Sturzlage” in Berlin.
© Berliner Festspiele/Immersion, Foto: Eike Walkenhorst

Als Francis Fukuyama 1989 das Ende der Geschichte verkündete, da
verschwanden mit der großen Geschichte auch die vielen kleinen Geschichten. Wo die westliche
liberale Demokratie triumphiert hatte, da gab es fortan auch ein Narrativ, in dem die
Geschichte derjenigen, die unterlegen waren, nur insoweit Platz finden konnte, als sie im
Laufe der Zeit selber zu Opfern der Geschichte geworden waren. Wer als politisch verfolgt,
gesellschaftlich marginalisiert oder als literarisch unerwünscht galt, konnte damit rechnen,
im Chor der Stimmen auf Resonanz zu stoßen. Er musste aber auch damit leben, dass die
Geschichte, die er eigentlich erzählen wollte, immer nur wieder von ihrem Ende – und also von
ihrem notwendigen Scheitern handeln konnte. Hegels Rede von der Wirklichkeit als der
“Schädelstätte des absoluten Geistes” schien sich bewahrheitet zu haben: Am Ende der
Geschichte thront der Geist auch noch über seiner eigenen Erinnerung, die sich jetzt als dröge
Knochenlandschaft unter ihm erstreckt.

Hits: 40

Leave a reply