/Mueller-Bericht: Trump wollte Sonderermittler loswerden

Mueller-Bericht: Trump wollte Sonderermittler loswerden

Nach langem Warten ist am Donnerstag der
Abschlussbericht des Sonderermittlers Robert Mueller veröffentlicht worden – mit einigen geschwärzten Passagen (hier das PDF auf Englisch). Die wichtigsten Erkenntnisse in Kürze:

1. Keine strafbare Zusammenarbeit mit Russland

Haben sich Donald Trump und sein Kampagnen-Team mit
Russland abgesprochen, um die US-Präsidentschaftswahl 2016 zu beeinflussen?
Dies ist eine Schlüsselfrage, die der Mueller-Report beantworten sollte.
Die Antwort lautet “Nein”. Diese Erkenntnis hatte US-Justizminister
William Barr zwar schon kurz nach der Übergabe des Mueller-Reports in
einer kurzen Zusammenfassung dargelegt
. In der nun veröffentlichten
Langversion des Berichts führt der Sonderermittler seine
Schlussfolgerung aber weiter aus. Um von einer Zusammenarbeit zu sprechen, hätten die beiden Seiten eine “Beeinflussung der Wahl” konkret “abmachen” müssen. Dass russische
Stellen dem Bericht zufolge einen Wahlsieg Trumps befürworteten und
zahlreiche Vertraute Trumps Kontakte zu Russland hatten, erfüllt diese
Kriterien nicht. Auch wenn viele Medien in den USA darauf verweisen,
dass Mueller “von nicht ausreichenden Beweisen” für Anklagen schreibt:
Es gehört zu den rechtsstaatlichen Grundsätzen, das jene, deren Schuld
nicht bewiesen ist, als unschuldig gelten.

Russlandaffäre – US-Justizministerium gibt Bericht von Sonderermittler Robert Mueller heraus
US-Justizministerium gibt Bericht von Sonderermittler Robert Mueller heraus
Der Bericht von Sonderermittler Robert Mueller zur Russlandaffäre wurde veröffentlicht. Mueller untersuchte die Kontakte zwischen Donald Trumps Wahlkampfteam und Russland.


© Foto: Patrick Semansky/AP/dpa

2. Hinweise auf Justizbehinderung…

In der Ende März veröffentlichten Zusammenfassung des Berichts hieß es, der Sonderermittler sei bei der Frage, ob Donald Trump sich der Justizbehinderung schuldig gemacht hat, nicht zu einem Schluss gekommen. Auf mehr als 180 Seiten listet der Mueller-Report allerdings detailliert auf, welche Handlungen als aktive Justizbehinderung bewertet werden könnten. Dazu gehört unter anderem die Beeinflussung und spätere Entlassung des FBI-Direktors James Comey, der in der Russland-Affäre gegen Trumps ehemaligen Wahlkampfmanager Paul Manafort ermittelte. Außerdem wollte Trump über seinen Mitarbeiter Don McGahn laut Mueller den damaligen Justizminister Jeff Sessions unter Druck setzen, den Sonderermittler zu entlassen. Trumps Argument: Mueller sei befangen. Dieser schreibt nun in seinem Bericht: “Wenn wir sicher wären (…) dass der Präsident eindeutig keine Justizbehinderung begangenen hat, würden wir das darlegen.” Aber zu diesem Schluss habe man auf Basis der Fakten und Rechtsgrundlagen nicht kommen können.

3. … aber Mueller kann Trump nicht anklagen

Auf mehreren Seiten legt Mueller mit Verweis auf die Rechtslage dar, warum er den Vorwurf der Justizbehinderung nicht erhebt. Er verweist auf die Praxis des Justizministeriums, dass amtierende Präsidenten nicht angeklagt werden können. Jeder Beschuldigte habe allerdings das Recht auf einen schnellen Prozess, um Vorwürfe auszuräumen. Da Trump als Präsident aber nicht angeklagt werden kann, würden die Vorwürfe bis zum Ende seiner Präsidentschaft im Raum stehen. Trumps Amt schützt ihn also vor Strafverfolgung. 

Außerdem haben Trumps Untergebene den Präsidenten womöglich vor schlimmerem bewahrt, indem sie dessen Anweisungen nicht befolgten. Comey ermittelte zum Beispiel weiter gegen Flynn, obwohl Trump ihn indirekt darum bat, seine Nachforschungen zu beenden. Don McGahn wies Jeff Sessions trotz Trumps Anweisung nicht an, Sonderermittler Mueller zu entlassen. Die Versuche des Präsidenten, die Ermittlungen zu beeinflussen, waren deshalb erfolglos. 

3. Barrs Glaubwürdigkeit schwindet

Anstatt den Report unkommentiert zu veröffentlichen gab Justizminister William Barr eineinhalb Stunden vor dessen Publikation eine Pressekonferenz, in der er die seiner Meinung nach wichtigsten Schlussfolgerungen des Berichts vortrug. Barr nutzte die Gelegenheit, um Trumps heftigen Attacken auf die Russland-Ermittlungen zu verteidigen. Der Präsident habe “keine bösen Absichten” gehabt und sei verständlich frustriert darüber gewesen, dass die Ermittlungen – wie er aufrichtig glaubte – seine Präsidentschaft unterminieren sollte”.

Mit dieser distanzlos anmutenden Aussage hat Barr sich angreifbar gemacht. Außerdem geht aus dem nun veröffentlichten Bericht hervor, dass Mueller und sein Team starke Hinweise auf Trumps Versuche gefunden hat, die Ermittlungen zu behindern. Barrs Zusammenfassung des Berichts Ende März signalisierte dagegen, die Ermittler hätten sich zu dieser Frage keine Meinung gebildet. Schon zuvor stand der Justizminister in der Kritik. Bei einer Senatsanhörung vor einer Woche sagte Barr, Trumps Kampagne sei “ausspioniert” worden. Sein Auftreten wirkt parteiisch. 

4. Mueller übergibt die Verantwortung an den Kongress

Der Sonderermittler äußert sich in einem längeren Absatz zu den Handlungsoptionen des Kongresses nach seinen Ermittlungen: “Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass der Kongress die Befugnis besitzt, einen Präsidenten davon abzuhalten, seine Macht unredlich zu nutzen”, schreibt Mueller. Dieser Satz könnte als Zustimmung für die Ermittlungen interpretiert werden, die das Repräsentantenhaus gegen Trump vorantreibt. Mueller fordert den Kongress allerdings nicht dazu auf, ein Amtsenthebungsverfahren anzustrengen.

5. Es bleiben Fragen offen

Große Teile der Ermittlungsergebnisse im Zusammenhang mit WikiLeaks sind geschwärzt. Die Whistleblower-Plattform hatte kurz vor der Wahl 2016 kompromittierende Emails von Hillary Clintons Wahlkampfmanager publiziert, die von russischen Hackern beschafft worden waren. Gegen Trumps ehemaligen Berater Roger Stone – der mutmaßlich mit WikiLeaks in Kontakt stand – läuft allerdings derzeit eine Anklage. Das dürfte der Grund für die Schwärzungen sein. Diese verhindern allerdings auch, dass die Öffentlichkeit mehr über mögliche Absprachen zwischen WikiLeaks und Trumps Kampagnenteam erfährt.

Robert Mueller hat mehrere Fälle, die sich außerhalb seines Ermittlungsauftrags bewegten, an andere Strafverfolgungsbehörden verwiesen. Trumps Ex-Anwalt Michael Cohen wurde wegen diverser Finanzvergehen zum Beispiel von einem Gericht in New York verurteilt. Im Anhang von Muellers Bericht befinden sich 12 bisher unbekannte Fälle, die allerdings ebenfalls unkenntlich gemacht wurden. Daraus ergibt sich die Frage, ob und wer aus Trumps Umfeld sich möglicherweise noch Straftaten schuldig gemacht hat.

Russlandaffäre – “Es ist ein guter Tag”
Donald Trump hat sich erleichtert über den Bericht von Sonderermittler Robert Mueller zur Russland-Affäre gezeigt. Der US-Präsident sieht sich durch den Bericht entlastet.

© Foto: Pablo Martinez Monsivais/AP/dpa

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