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Champions League: Schön, dass es Ajax gibt

Wer spielte wie gegen wen?

FC Barcelona – Manchester United 3:0 (Hinspiel 1:0)

Tore: 1:0 Messi (16.), 2:0 Messi (20.), 3:0 Coutinho (61.)

Juventus Turin – Ajax Amsterdam 1:2 (Hinspiel 1:1)

Tore: 1:0 Ronaldo (28.), 1:1 van de Beek (34.), 1:2 de Ligt (67.)

Wie liefen die Spiele?

Höchst unterschiedlich. Das in Barcelona erinnerte weniger an ein
Viertelfinale der Champions League als ein Trainingsspielchen. Zu
unterlegen war das einst so große, stolze Manchester United.
Die spielten eigentlich nur die ersten zehn Minuten mit, trafen nach 40
Sekunden die Latte und später gar nichts mehr. Immer schlecht für den
Gegner: Wenn Messi einen guten Tag hat. Also eigentlich immer. Was für
ein Glück, diesem Mann bei der Ausübung seines Berufes zusehen zu
können. Dieses Mal machte er die ersten beiden Tore selbst (das erste
ein Solo inklusive Balleroberung, Beinschuss, Körpertäuschung und
Präzisionsabschluss, beim zweiten bekam er Hilfe von Uniteds Torwart de
Gea) und inspirierte für das dritte Tor seinen Kollegen Coutinho zum
Kunstschuss. United muss mit dem Eindruck heimfahren, in etwa so viel
Widerstand im Camp Nou geleistet zu haben wir die spanischen Kleinclubs Huesca und Rayo Vallecano.

Spektakulär hin und her ging es dagegen in Turin. Eine frühe
Führung durch, natürlich, Cristiano Ronaldo, konnte Ajax ausgleichen,
ehe sie im zweiten Durchgang zeigten, welch großen Fußball sie spielen
können. Wie im Rausch rannten sie immer wieder hinein in Juves Hälfte,
forsch, fast ungestüm, sogar noch, als sie schon führten. Juves Torwart
Szcesny musste seine Mannschaft im Spiel halten, unter anderem mit einer
noch oben gerissenen Pranke, der schönsten Parade der Saison. Half aber
nichts. Dieses Ajax war einfach zu gut und zerstörte den Mythos,
dass dieser Ronaldo in der Champions League einfach immer gewinnt.

Cristiano Ronaldo ist also raus?

Oh ja. Zum ersten Mal seit vier Jahren wird der Portugiese nicht
den Champions-League-Pokal durchs Finalstadion tragen können. Zum ersten
Mal seit neun Jahren findet ein Halbfinale ohne ihn statt. An ihm lag
es sicher nicht, er hatte sich sogar extra ein paar blonde Strähnchen
ins Haar tupfen lassen. Mit wässrigen Augen stapfte er vom Spielfeld und
seine Laune wird sich nicht verbessert haben, als er
mitbekam, dass sein großer Rivale aus Barcelona getroffen hat und nun im
Halbfinale steht. Der Weltfußballertitel 2019 ist sicher futsch. Aber
Ronaldo hat ja immer noch sein Spiegelbild.

Ist Ajax nun also der Geheimfavorit?

Nun ja, so geheim wie man eben sein kann, wenn man sich unter den
besten vier Mannschaften Europas wiederfindet. Ein wenig verrückt ist es
ja schon. Man glaubt sich auszukennen im europäischen Fußball und dann
kommt da so ein Team daher mit Spielern wie de Ligt, de Jong, van de
Beek, Neres, Tadic oder Ziyech, die man noch im Herbst gar nicht richtig
kannte. Und nun spielt Ajax einen Fußball, der jeden Freund des
schönen Spiels auf die Fernbedienung sabbern lässt. Was ist das
Gegenteil vom im Grabe rotieren? Johan Cruyff jedenfalls macht genau
das. Kurze, schnelle Pässe, engster Raum, höchstes Tempo, ausgefallene
Ideen. So hat Ajax schon Real Madrid deklassiert. Manchmal wollen sie es
im gegnerischen Strafraum gar zu schön machen. Dann aber sind sie sich
auch nicht zu schade, den Ball einfach per Kopf ins Tor zu wuchten wie
Matthijs de Ligt. Der ist übrigens gerade einmal 19 Jahre alt. Und
Kapitän.

Ajax ist ein Wunder, das Gegenstück zum Superstarfußball der
heutigen Zeit. Ein klug zusammengestelltes Team mit einem schlauen
Trainer und einer Spielidee. Das ist viel mehr Wert als ein dickes
Bankkonto. Schön, dass es Ajax gibt.

Was machten die Deutschen?

Von wegen Königsklasse ohne deutsche Beteiligung. Der
Schiedsrichter Felix Brych war am Dienstagabend ebenso dabei, wie
Marc-André ter Stegen (Barça) und Emre Can. Letzterer fiel eigentlich
nur durch seine Gelbe Karte kurz vor Schluss auf, als er den Schiri
anmotzte. Ter Stegen verlebte einen ruhigen Abend, war aber dann da, als
er einen Ball von Alexis Sanchez klasse aus der kurzen Ecke kratzte.
Brych hingegen sorgte in Barcelona mit einer Elfmeterentscheidung für
Verwirrung. Erst gab er nach einer Berührung an Rakitic Strafstoß, dann
nahm er ihn zurück. Obwohl in keiner Position zweifelsfrei aufgeklärt
werden konnte, ob das Ganze nun ein Foul war. Das nennt man:
Videobeweisverschlimmbesserung.

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