/Dirk Nowitzki: Irgendwann passiert alles zum letzten Mal

Dirk Nowitzki: Irgendwann passiert alles zum letzten Mal

Es endet, wo
es begann. Die Sonne verschwindet hinter dem AT&T Center von San Antonio,
als wir über die Parkplätze zur Halle ziehen. Hier in San Antonio hat Dirk Nowitzki vor mehr als 21 Jahren den Grundstein gelegt für seine
ewige Karriere, 33 Punkte und 14 Rebounds beim Nachwuchsspiel Hoop Summit, hier wird sie enden. In der
Halle des großen Rivalen.

Die San Antonio Spurs seien immer wie ein großer Bruder seiner Mavericks gewesen, hat
Nowitzki immer wieder gesagt, und wie unter Geschwistern üblich haben sich die
Mavericks und Spurs gerangelt und geprügelt. Sie haben sich Dutzende Duelle
geliefert und erbitterte Play-off-Kämpfe. Dirk Nowitzki gegen den großen Tim Duncan, gegen David Robinson, Manu Ginóbili und Tony Parker. Seine Gegner
spielen nicht mehr, zumindest nicht hier, und aus den Zeiten der bitteren
Rivalität ist nur noch Gregg Popovich übrig, der beste Basketball-Coach dieses
Jahrtausends. Es ist der perfekte Tag und der perfekte Ort für das allerletzte
Spiel des Dirk Nowitzki.

Einen Tag
zuvor spielt Nowitzki das letzte Heimspiel in seiner Stadt, in seiner Heimhalle,
dem American Airlines Center von Dallas. Er hat sein Karriereende noch nicht
offiziell verkündet, aber alles ist vorbereitet. Nowitzki-Billboards am
Highway, an jeder Straßenlaterne vor der Halle Flaggen mit seinem Gesicht, sein
Lebenswerk in Zahlen und Bildern: Meister 2011, Platz 6 der ewigen Scorerliste,
14-facher Allstar, undsoweiterundsofort. Nowitzki ist als erster Spieler in der
Geschichte der Liga seit 21 Jahren für den selben Club aktiv, auf einem
riesigen Banner an der Frontseite prangt der hochmoderne Slogan:

41.21.1

Dirk Nowitzki: 41 auf dem Trikot. 21 Jahre auf dem Buckel. 1 Club.

In den
letzten Tagen haben die Spekulationen seltsame Blüten getrieben. Könnte die
Eins bedeuten, dass er noch nicht aufhört? Dass Dirk Nowitzki noch ein weiteres
Jahr dranhängt? Dass es weitergeht?

Am Nachmittag liegt eine eigentümliche Mischung aus Wehmut und
Feierlichkeit in der Frühlingsluft. Die Saison der Mavericks ist eigentlich schon
seit einigen Wochen vorbei, wenn man ehrlich ist, aber erst heute steht das
tatsächlich letzte Saisonspiel gegen die Phoenix Suns auf dem Plan. Die Suns
sind im zweiten Jahr in Folge das schlechteste Team der gesamten Liga. Heute
Abend geht es sportlich um nichts mehr, aber die Fans drängen sich schon drei Stunden
vor Spielbeginn auf der Plaza vor der Arena.

Alle rechnen mit dem Ende, aber wirklich begreifen können es
die wenigsten. Viele kommen von weit her, aus Deutschland und China, sie tragen
selbst gemalte Schilder und Kostüme, manche sind zum ersten und vielleicht
letzten Mal hier. Viele der Fans aus Dallas kennen ihre Stadt nicht ohne Dirk
Nowitzki. Seit fast zwei Generationen ist er hier, viele sind mit ihm erwachsen
geworden, und nur die Älteren wissen noch, wie es hier in der Vor-Dirk-Ära
einmal ausgesehen hat. Clinton war Präsident, es gab keine Smartphones, I
Don’t Want to Miss a Thing
von Aerosmith war auf Platz eins der Charts. Die
Stadt war eine andere, wo jetzt das American Airlines Center steht, war damals
eine riesige Brache.

Dirk Nowitzki: Fans in Dallas

Fans in Dallas
© Tobias Zielony

Dirk Nowitzki hat seine Spielposition revolutioniert: Er war
ein Vierer, der überall spielen konnte, der seinen riesigen Körper bewegte, als
wäre er 30 Zentimeter kleiner. Er warf und traf wie kein Zweiter seiner Größe.
Er hat seine Sportart verändert, Basketball nach Nowitzki ist ein anderes Spiel
als vor ihm. Variabler, smarter, kreativer. Die Meisterschaft, die er 2011 nach
Dallas geholt hat, ist in das kollektive Gedächtnis der Stadt eingebrannt, sie
hat ihr Selbstverständnis verändert, und auch außerhalb der Stadtgrenzen gilt
sie als letzte “echte” NBA-Meisterschaft. Alle Meisterteams, die danach kamen,
waren mit Superstars gespickte Superteams. Dirk Nowitzki ist mit einem
wirklichen Kollektiv Meister geworden.

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