/„Terminrisiken sind terminiert“

„Terminrisiken sind terminiert“

Wegen der Mängel am Hauptstadt-Airport BER und neuer Zweifel am Terminplan für die Eröffnung wächst der Druck auf die Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB). Nachdem das von Andreas Scheuer (CSU) geführte Bundesverkehrsministerium in einem Schreiben bis zum 17. April von FBB-Chef Engelbert Lütke Daldrup ultimativ und „verbindlich“ Klarheit gefordert hat, ob der Eröffnungstermin im Oktober 2020 „nach wie vor eingehalten werden kann“, hielt sich ein Flughafensprecher am Sonnabend zurück.

Er könne den Eingang des Schreibens von Bundesverkehrsstaatssekretär Michael Güntner bestätigen, sagte der FBB-Sprecher. Der Brief werde beantwortet, das Antwortschreiben sei aber noch nicht fertig. Über den Inhalt wollte der Sprecher nichts sagen, verwies aber auf Aussagen von Lütke Daldrup vom Freitag.

Der BER wird immer närrischer
1 von 42Foto: Patrick Pleul/dpa
12.04.2019 20:15Eine Fluggastbrücke auf dem leeren Flugfeld, 2012.

Anlass für das Einschreiten des Bundes, der neben Berlin und Brandenburg Anteilseigner der Flughafengesellschaft ist, war ein Tagesspiegel-Bericht über die Einschätzung des Tüv. Laut einem internen Tüv-Bericht vom 8. März ist der Terminplan am BER „aufgrund des unfertigen Anlagenzustands stark gefährdet“. Bei der Sicherheitsstromversorgung und der Sicherheitsbeleuchtung gibt es demnach 11 000 Mängel. Um diese zu beheben, seien ein hoher Personalaufwand und „eine Vielzahl von Rückbauten“ nötig.

Lütke Daldrup widersprach im RBB: „Der Terminplan ist aus meiner Sicht nicht gefährdet, das hat der Tüv auch genauso gesehen. Wenn man einen Satz herausgreift, kann man in der Tat zu einer Einschätzung kommen, wie sie vorgetragen worden ist.“ Das sei aber „nicht eine realistische Einschätzung des Projekts“. Nach der Aufsichtsratssitzung im März hatte der BER-Chef zur Tüv-Bewertung erklärt: „Wir sind nicht ganz deckungsgleich.“ Die Einschätzungen lägen sehr eng beieinander. „Wir gehen von ähnlichen, aber nicht ganz gleichen Annahmen über Prüfdauern des Tüv aus.“

So werben sächsische Flughäfen für sich: Die Mitteldeutsche Flughafen AG, Betreibergesellschaft der Regionalflughäfen…Foto: André Görke

Der Vorsitzende des FBB-Aufsichtsrats, Rainer Bretschneider, sagte dem Tagesspiegel am Sonnabend: „Wir gehen davon aus, dass wir den BER im Oktober 2020 eröffnen können.“ Die Lage sei schwierig und ernst, das sei bekannt. „Wir kämpfen seit Langem mit der Einhaltung von Terminen“, sagte Bretschneider. Flughafengesellschaft und Baufirmen müssten „weiter mit Hochdruck arbeiten“. Und: „Die Terminrisiken sind terminiert.“

CDU-Oppositionsführer fordert Antworten vor Brandenburg-Wahl

Brandenburgs Oppositionsführer Ingo Senftleben (CDU) sagte, es seien „endlich verlässliche Aussagen“ nötig, „ob der Flughafen eröffnet und wenn ja, wann“. Zugleich forderte Senftleben mit Blick auf die Landtagswahl am 1. September „Transparenz auf allen Ebenen“. Es gebe keinen Grund dafür, ausstehende Antworten zum Eröffnungstermin „über die Landtagswahl im September hinaus zu verzögern“.

Damit spielte Senftleben, der Chef der CDU-Landtagsfraktion und Landesvorsitzender seiner Partei in Brandenburg ist, auf Erfahrungen in Berlin an, wo im September 2016 Abgeordnetenhauswahl war. Trotz bekannter Probleme war die für 2017 geplante Eröffnung erst nach der Wahl im Januar 2017 abgeblasen worden.

Steuerzahlerbund von Terminverschiebung nicht überrascht

Der Linke-Fraktionschef im Bundestag, Dietmar Bartsch, wies auf die Verantwortung des Bundes für den Hauptstadtflughafen hin. „Der Bund ist ja selbst Gesellschafter des BER“, sagte Bartsch am Samstag dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Nun versucht er, von dieser Verantwortung durch solche Briefe abzulenken. Das ist absurd. Stattdessen sollte das Bundesverkehrsministerium seine Verantwortung wahrnehmen.“ Die Länder Berlin und Brandenburg sind zu je 37 Prozent und der Bund mit 26 Prozent an der Flughafengesellschaft beteiligt.

Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, zeigte sich über eine mögliche weitere Verschiebung des BER-Eröffnungstermins nicht überrascht. Der Fall zeige, „dass der Staat eben doch nicht alles besser macht“. Der Bau müsse rasch beendet werden, mahnte Holznagel. Das Problem sei, dass mit jedem Jahr des Verzugs die Normen angehoben würden, so dass diese nicht mehr mit dem übereinstimmten, was bis dahin gebaut worden sei.

Auch an anderer Front hat Lütke Daldrup zu kämpfen. Berlins FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja hatte den BER-Chef am Freitag als „notorischen Lügner“ bezeichnet, „von dem die Steuerzahler keine Wahrheit über den BER erwarten können“. Lütke Daldrup verlangte per Anwalt von Czaja bis Freitagabend eine Unterlassungserklärung.

Czaja müsse „die Richtigkeit“ der „aufgestellten Behauptungen“ beweisen oder die „unzutreffende Tatsachenbehauptung, die zugleich beleidigenden Charakter hat“, unterlassen, forderte der BER-Chef über seinen Anwalt. Andernfalls drohte Lütke Daldrup, vor Gericht zu ziehen. Czaja ließ die Frist verstreichen. „Die Reaktion zeigt doch, wie es um den Flughafen wirklich steht“, sagte der FDP-Fraktionschef am Sonnabend. Der BER-Chef werde eine Antwort erhalten.

Baugerüste liegen im März am Zugang zum Terminal des Hauptstadtflughafens Berlin Brandenburg Willy Brandt (BER) in Schönefeld.Foto: Patrick Pleul/ZB/dpa

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