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Schwarze Löcher: Abglanz des Unsichtbaren

Aus der Serie:
Wissen in Bildern

Mit unglaublichem technischen Aufwand nehmen Astrophysiker Bilder von Schwarzen Löchern auf – ihr Werkzeug ist beinahe so groß wie die Erde selbst. Die Forscher hoffen, so das Leuchten am Rand der dunklen Riesen einfangen zu können.

10. April 2019

Globales Teleskop

Schwarze Löcher bleiben unsichtbar, weil sie alles verschlucken, selbst das Licht. Was ihren “Ereignishorizont” (engl. “event horizon”) überschreitet, kann nie mehr hinausgelangen.

Deswegen interessieren sich Forscher für die Strahlung aus der unmittelbaren Umgebung der Objekte.

Doch kein einzelnes Teleskop verfügt über die Auflösung, um davon eine Aufnahme zu machen. Dafür muss man weltweit Anlagen zu einem virtuellen Superteleskop zusammenschalten, dem Event Horizon Telescope (EHT).

Womit wird gemessen?

Im Verbund bildet das EHT eine virtuelle Antenne, die beinahe so groß wie der Erddurchmesser ist. Das größte einzelne Radioteleskop ist derzeit das Large Millimeter Telescope in Mexiko, seine Parabolantenne misst 50 Meter im Durchmesser.

Von wo aus wird gemessen?

Arizona (1): Heinrich Hertz Sub millimeter Telescope (25 m Durchmesser); Hawaii (2): James Clerk Maxwell Telescope (15 m), Submillimeter Array (8 Parabolantennen à 6 m); Antarktis (5): South Pole Telescope (10 m); Mexiko (4): Large Millimeter Telescope (50 m); Chile (3): Alma (66 Parabolantennen à 12 m), Apex (12 m); Spanien (6): Iram-Teleskop (30 m)

Weit entfernte Ziele

Schwarze Löcher sind ausgebrannte, kollabierte Sterne. Übertrifft ihre Masse die der Sonne ums Zehntausendfache, sprechen Astrophysiker auch von supermassereichen Schwarzen Löchern. Selbst Objekte mit Milliarden Sonnenmassen sind bekannt. Sechs dunkle Riesen hat das EHT ins Visier genommen. Besonderes Interesse gilt zweien von ihnen. Sagittarius A* (links im Bild) heißt das Schwarze Loch im Zentrum unserer Milchstraße. Seine Masse ist so groß wie die von vier Millionen Sonnen. Inmitten der Galaxie Mercier 87 (Mitte) sitzt ein Schwarzes Loch von gar sechs Milliarden Sonnenmassen, das einen gut sichtbaren Teilchenstrom ausstößt (sogenannter Jet, s. u.). Die beiden sind unterschiedlich groß und unterschiedlich weit von der Erde entfernt. Von hier aus betrachtet erscheinen sie aber etwa gleich klein: so wie ein Tennisball (rechts)auf der Oberfläche des Mondes.

Rotierender Gigant

Supermassereiche Schwarze Löcher sitzen inmitten spiralförmiger und elliptischer Galaxien. So stellt man sich ihren Aufbau vor:

Jets (2): An den Polen eines Schwarzen Lochs schleudern starke Magnetfelder Teilchen ins All. Sie bilden Strahlen (engl. “jets”), und sie senden Radio-, Licht- sowie Röntgenwellen aus.

Akkretionsscheibe (1): Um das Schwarze Loch herum wirbeln Gas und Staub in hohem Tempo. Sie bilden eine Scheibe superheißen Materials, das Radiowellen aussendet. Diese verraten irdischen Radioteleskopen die Position des Schwarzen Lochs.

Singularität (3): Was für das Innere eines Schwarzen Lochs angenommen wird, strapaziert das Vorstellungsvermögen (und stellt eine Ausnahme von der Relativitätstheorie dar): Die Masse ist so dicht, ihre Anziehung so groß, dass jede herkömmliche Beschreibung versagt.

Ereignishorizont (4): Er stellt die Grenze dar, ab der eine Wiederkehr unmöglich ist. Materie und Strahlung (wie das sichtbare Licht), die ihn überschreiten, werden verschlungen. Darum sind Schwarze Löcher schwarz.

Innerster stabiler Orbit (5): Die engste Umlaufbahn für Materie, in der diese noch nicht Gefahr läuft, unwiderruflich ins Schwarze Loch zu stürzen.

Photonensphäre: Das heiße Plasma in der Akkretionsscheibe gibt Lichtteilchen ab, also Photonen. Die gewaltige Anziehungskraft des Schwarzen Lochs zwingt sie auf Kreisbahnen. So entsteht eine Art Heiligenschein (engl. “halo”) um den Ereignishorizont herum.

Was ein Bild klären könnte

Weil sich die leuchtende Materie um das Loch herum dreht, sollte ihr Lichtschein ungleich hell sein: So wie eine nahende Polizeisirene höher klingt, müsste jene Seite, die sich zur Erde hindreht, heller erscheinen. Das Loch selbst müsste in einer Aufnahme als schwarzer Fleck erscheinen.

Was treibt die gewaltigen Jets an, die einige der Giganten ins All schleudern? Magnetfelder aus der Scheibe oder solche, die durch die Drehung des Schwarzen Lochs selbst entstehen? Und entstehen auch im Zentrum unserer Milchstraße solche Jets? Das könnte eine Aufnahme beantworten.

Die Physik am Ereignishorizont ist extrem. Gelingt eine Aufnahme von der Umgebung des Schwarzen Lochs, so kann man dessen Geometrie mit jenen Berechnungen vergleichen, die auf der allgemeinen Relativitätstheorie fußen – und damit testen, ob Einstein recht hatte.

Lesen Sie bei ZEIT ONLINE eine Analyse erster Ergebnisse des weltumspannenden Teleskop-Projekts.

Illustration: Jochen Stuhrmann, Anne Gerdes
Quellen: Astrophysical Journal; ESA; ESO; eventhorizon-telescope.org; Max-Planck-Institut f. Radioastronomie, Bonn; Nature

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