/Korruption: Das Doppelleben des Eric P.

Korruption: Das Doppelleben des Eric P.

Beim ersten Auftrag stand er Schmiere. Eric P. saß im
Streifenwagen und hörte den Polizeifunk ab, während seine Mittäter einen
Geldautomaten knackten.  Beim nächsten
Mal fälschte er einen amtlichen Durchsuchungsbeschluss und fingierte mit seiner
Bande eine Hausdurchsuchung – er in seiner Polizeiuniform, die anderen als
Polizisten getarnt. Ein halbes Jahr lang ging das so. Neun Mal nutzte der 31-Jährige
seine Rolle als Polizist für Straftaten aus. Nun kommt er ins Gefängnis. Das
Hamburger Landgericht verurteilte ihn wegen schweren Bandendiebstahls,
Amtsanmaßung und Bestechlichkeit zu drei Jahren und acht Monaten Haft.

Eric P., sagt die Vorsitzende
Richterin, habe seine besondere Vertrauensstellung als Polizist für persönliche
Vorteile missbraucht. Der Rechtsstaat könne aber nur funktionieren, fügt sie
hinzu, wenn man sich darauf verlassen könne, dass seine Repräsentanten selbst
nach Recht und Gesetz handeln.

 Eric P. hat ein Doppelleben
geführt. Als Kriminalbeamter hat er Verbrechen aufgeklärt, als Privatmann hat
er selbst welche begangen. Der 31-Jährige stand noch am Anfang seiner beruflichen
Laufbahn, als er im August 2017 auf dem Hamburger Kiez Mehrad K. kennenlernte, einen
der Mitangeklagten. Eric P. jobbte damals nach seinem Dienst in einer Bar,  sein
Verdienst als Kriminalbeamter genügte ihm nicht. Mit Mehrad K. stand er nachts
hinter dem Tresen.  “Er hat mich als
Lebemenschen kennengelernt, der mehr ausgibt als einnimmt”, erzählte Eric P.
zum Prozessauftakt im Januar. Mehrad K. erkannte schnell, welch seltene Gelegenheit
sich ihm bot: ein Polizist, mit dem er beim Bier vertraulich sprechen konnte. Der
offensichtlich Geld benötigte – und sogleich hellhörig wurde, als Mehrad K. ihm
gemeinsame Geschäfte anbot. Kurz darauf kam es zu einem ersten Treffen mit
Bekannten von Mehrad K., darunter zwei Zuhälter. Die vier Männer versprachen
Eric P. 1.500 Euro monatlich, wenn er bereit sei, ihnen gelegentlich als
Polizist zur Seite zu stehen. Man wurde sich einig. 500 Euro gab es als
Anzahlung.

60.000 Euro Schulden

Was sich anschließend ein halbes Jahr lang
abspielte,  ist beispiellos in der
Geschichte der Hamburger Polizei. Insgesamt neun Mal bewachte Eric P. für die
Bande Tatorte, gab interne Informationen aus polizeilichen Datenbanken preis
oder inszenierte Hausdurchsuchungen, bei denen seine angeblichen Kollegen an
die 13.000 Euro stahlen.

 Nun sitzt Eric P. auf der
Anklagebank in Saal 337 des Landgerichts, und alles ist vorbei. Das Doppelleben,
die Sorge, dass alles auffliegen könnte – aber auch seine Laufbahn als
Polizist. Er sei seit Jahren
spielsüchtig gewesen, habe daher viel Geld gebraucht, sagt P. Er spielte Poker
und Roulette, online und im Kasino. Um seine Sucht zu finanzieren, hatte er
mehrere Kredite aufgenommen. An die 60.000 Euro Schulden hatten sich bereits angehäuft,
als er an jenem verhängnisvollen Augustabend 2017 auf seine späteren Komplizen traf.

Wie das Ganze aufgeflogen ist: Der Polizist nahm Mehrad
K. einmal zu viel einem echten Einsatz mit, auf der Rückfahrt mit seinem Wagen gerieten
beide in eine Radarkontrolle. Den unbekannten Mann auf dem Beifahrersitz, der
auf dem Foto zu sehen war, gab Eric P. als Auszubildenden an. Dabei hatte er gar
keinen.

 Nun hat der 31-Jährige reinen
Tisch gemacht. Er hat alles gestanden, gleich nach seiner Verhaftung. Anderenfalls
wäre seine Strafe wohl um einiges höher ausgefallen. Die Staatsanwältin hatte
in ihrem Plädoyer vier Jahre und drei Monate verlangt. Doch sein Geständnis
rechnete ihm die Strafkammer hoch an – sie verschonte Eric P. bis zur
Rechtskraft des Urteils von einer weiteren Untersuchungshaft, sodass er nun
erst einmal in Freiheit ist.

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