/70 Jahre Nato: Stoltenberg verteidigt Aufrüstung gegen Russland

70 Jahre Nato: Stoltenberg verteidigt Aufrüstung gegen Russland

“Wir wollen kein neues Wettrüsten, wir wollen keinen neuen Kalten Krieg”, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in einer Rede am Mittwoch vor dem US-Kongress in Washington. Anlass war der 70. Geburtstag des Militärbündnisses. Stoltenberg rechtfertigte die neuerliche Aurüstung gegen Russland: Die größte Verstärkung der kollektiven Verteidigung seit Jahrzehnten erfolge nicht, um einen Konflikt zu provozieren, sondern um einen Konflikt zu vermeiden und den Frieden zu bewahren, sagte Stoltenberg.

Es sei Russland, das neue Mittelstreckenraketen in Europa stationiere und die ukrainische Halbinsel Krim annektiert habe. Russland verletze den INF-Vertrag und die Nato müsse sich auf eine Welt ohne ein Verbot landgestützter Mittelstreckensysteme vorbereiten. Zugleich machte Stoltenberg deutlich, dass die Nato weiter den Dialog mit Russland suchen werde. “Wir wollen Russland nicht isolieren”, sagte er. Die Nato strebe eine bessere Beziehung an und werde weiter mit Russland reden.

Die Mitgliedsstaaten rief Stoltenberg trotz aller Differenzen eindringlich zur Geschlossenheit auf. Es gebe unter den Nato-Staaten durchaus ernste Meinungsverschiedenheiten, meinte er – etwa zu Handel, Energie, Klimawandel oder dem Atomabkommen mit dem Iran. Aber das Bündnis habe immer geschafft, trotz Differenzen an einem Strang zu ziehen, um sich gegenseitig zu schützen. “Offene Diskussionen und unterschiedliche Meinungen sind kein Zeichen von Schwäche. Das ist ein Zeichen von Stärke.” Das Bündnis werde in der Zukunft noch viel mehr gebraucht, die Nato stehe vor beispiellosen Herausforderungen und die seien nur gemeinsam zu bewältigen. Seit der Gründung der Nato vor 70 Jahren gelte das Versprechen: “Einer für alle und alle für einen.”

Trump droht

Die Nato sei gut für Europa, aber auch für die USA, sagte Stoltenberg. “Die Stärke einer Nation misst sich nicht nur an der Größe ihrer Wirtschaft. Oder an der Zahl ihrer Soldaten. Sondern auch an der Zahl ihrer Freunde.” Die vielen Freunde und Partner in der Nato zu haben, habe die USA stärker und sicherer gemacht. Er betonte, der Atlantik trenne Europa und die USA nicht, sondern eine sie.

Stoltenberg hielt die Rede kurz vor Beginn eines Treffens der Nato-Außenminister zum 70. Jahrestag der Gründung des Bündnisses. Die Feierlichkeiten werden aber überschattet von dem für viele Alliierte beunruhigenden Kurs von US-Präsident Donald Trump. Dieser hatte in der Vergangenheit mehrfach Zweifel geweckt, ob die USA im Fall eines Angriffs auf einen europäischen Alliierten wirklich bedingungslos militärische Unterstützung leisten würden. Bei einem Nato-Gipfeltreffen im vergangenen Sommer in Brüssel hatte Trump sogar einen Austritt der USA aus dem Bündnis nicht ausgeschlossen, sollten nicht alle Bündnispartner sofort zwei Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung ausgeben.

Stoltenberg ging in seiner Rede darauf ein, er unterstützt die Forderungen von US-Präsident Donald Trump ausdrücklich. “Die Nato ist ein starkes Bündnis. Aber um ein starkes Bündnis zu bleiben, muss die Nato ein faires Bündnis sein.” Stoltenberg mahnte: “Die Nato-Verbündeten müssen mehr für Verteidigung ausgeben.” Dies sei die klare Botschaft von Trump und diese zeige Wirkung. Die Nato-Alliierten investierten inzwischen deutlich mehr in die Verteidigung. “Das macht die Nato stärker.” Tatsächlich steht die transatlantische Allianz auch bei Trumps Republikanern nicht zur Disposition. Stoltenberg hat als erster Nato-Generalsekretär überhaupt vor beiden Häusern des US-Kongresses gesprochen und er sieht darin einen “parteiübergreifenden Ausdruck” der Unterstützung für die Nato, wie er vorab betonte.

In einer idealen Welt wäre es nicht nötig, Geld für die Verteidigung auszugeben, meinte Stoltenberg vor dem Kongress, “aber wir leben nicht in einer idealen Welt.” Es gebe Feinde der Freiheit, die abgeschreckt werden müssten. “Und falls die Abschreckung nicht gelingt, müssen wir kämpfen.” Es reiche nicht aus, sich eine friedliche Welt zu wünschen. “Wir müssen handeln – und investieren -, um sie dazu zu machen.”

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