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Landtagswahl in Sachsen: Ins Blaue hinein

Der 13. April: Das ist der Tag, auf den Frauke Petry jetzt noch
hinarbeitet. Der Tag, an dem die AfD erschaudern soll. Es soll der Tag ihrer neuen Partei
sein, der “Blauen”.

Denn an diesem 13. April wollen die Blauen einen Parteitag in Döben bei Grimma veranstalten. Dort werden die Kandidaten für die sächsische Landtagswahl gewählt, zudem soll ein Programm verabschiedet werden. Danach wird auch klar sein, in welchen Wahlkreisen die Kandidaten der Blauen antreten. Glaubt man Petrys Leuten, wird es der erste Schritt zur politischen Wiedergeburt Frauke Petrys in Sachsen sein.

Oder ist es nur ein letztes Aufbäumen?

Die blaue Partei und ein Bürgerforum namens Blaue Wende gründete Petry sofort nach ihrem AfD-Austritt im Jahr 2017. Anständiger als die AfD sollten die Blauen werden. Als wirtschaftsliberal und konservativ wollte Petry sie positionieren.

Und heute? Heute ist die politische Lage für die blaue Partei so verzwickt, dass die Chefin selbst sich offenbar eine Frist gesetzt hat. Einem Kamerateam des WDR erklärte sie: Sollte man den Einzug in den Landtag und in das Europäische Parlament nicht schaffen, “dann war es das, das ist ganz klar”.

Gerade deshalb haben ein paar Leute in der sächsischen AfD eine gewisse Rest-Angst vor den Blauen entwickelt. Schließlich ist Frauke Petry immer noch bekannt. Die Frage, in welchem Wahlkreis sie antritt, wird für die AfD relevant sein: Was, wenn Petry wiederholt, was ihr schon bei der Bundestagswahl gelang – wenn sie also ein Direktmandat gewinnt? Und selbst falls das nicht passiert: Dass Petry und andere Kandidaten der Blauen ihren AfD-Konkurrenten die entscheidenden Prozentpunkte im Kampf um Direktmandate stehlen könnten – das befürchtet durchaus der eine oder andere in Sachsens AfD. Denn mancherorts könnten im Rennen zwischen AfD und CDU wenige Hundert Stimmen den Ausschlag geben.

Dabei ist den Blauen in jüngster Zeit nicht besonders viel gelungen. Mit dem Einzug der Partei ins EU-Parlament wird es definitiv nichts werden. Petry hat den Antrag auf Zulassung zur Wahl wieder zurückgezogen – wohl, weil sie die benötigten 4000 Unterstützerunterschriften nicht auftreiben konnte. Zwar betreiben die Blauen nach eigenen Angaben inzwischen Büros in Leipzig und Rodewisch, in Pirna und Mittweida, in Moritzburg und Zwickau. Doch kommen zu ihren Veranstaltungen oft nicht mehr Interessierte, als Kinder in einer Schulklasse sitzen. 95 Parteimitglieder haben die Blauen – und 1073 Leute, die ihre Bürgerbewegung unterstützen. Zu den Kommunalwahlen im Mai werden sie aber lediglich in Zwickau und in Pirna antreten.

Eines ist sicher: Frauke Petry hatte sich das vor knapp zwei Jahren ganz anders vorgestellt. Eigentlich wollte sie in Sachsens Landespolitik eine entscheidende Rolle spielen.

Damals, im Jahr 2017, hofften die Strategen der Blauen sogar, sich an die CDU heranschmeißen zu können. Inklusive Petry waren fünf Landtagsabgeordnete von der AfD zu den Blauen gewechselt. Gemeinsam mit der CDU-Fraktion hätten die Blauen eine Mehrheit im Landtag. Ministerpräsident Michael Kretschmer hätte seine Koalition mit der SPD beenden und ein neues Bündnis mit Petry und ihren Leuten schließen können. Rechnerisch wäre das möglich gewesen.

Tatsächlich aber ließ die CDU keine Möglichkeit aus, ihr Desinteresse zu signalisieren. Es ist mit den Blauen und der CDU, als würde eine Fliege versuchen, einen Elefanten zu bezirzen.

Kürzlich zum Beispiel scheiterte die Union daran, eine Landarztquote zu beschließen. Es hatte Krach mit dem Koalitionspartner gegeben, mit der SPD. Also boten sich die Blauen offensiv an: Sie könnten sich vorstellen, eine solche Quote gemeinsam mit der CDU zu beschließen.

Aber die CDU ignorierte die Offerte. Schließlich sei sie in einer Koalition mit der SPD, erklärt Sachsens CDU-Generalsekretär Alexander Dierks, man halte sich an den Koalitionsvertrag. Hinzu komme, so Dierks, dass nicht erkennbar sei, was die neue Partei von Frauke Petry von ihrer alten unterscheide, der AfD. “Deswegen ist eine Zusammenarbeit mit den Blauen für uns nicht denkbar”, so Dierks. Statt mit Kretschmer oder Dierks über Gesetze zu verhandeln, müssen sich die Blauen nun mit ganz anderen Widrigkeiten herumärgern: Beim Tag der Sachsen 2018 in Torgau durften sie sich nicht einmal auf der “Demokratiemeile” präsentieren, also dort, wo die Vertreter aller anderen Landtagsparteien präsent waren. Petrys Blaue bekamen einen Stand irgendwo am Stadtrand.

Und im Landtag selbst kämpfen die Blauen darum, überhaupt gesehen und gehört zu werden. Sie sind zu wenige, um eine eigene Fraktion bilden zu können. Deswegen gibt es die Blauen im Sächsischen Landtag streng genommen und offiziell gar nicht. Es gibt lediglich fünf Einzelabgeordnete, die der gleichen Partei angehören und die nur wenige Rechte haben: Sie dürfen keine eigenen Gesetzesanträge schreiben und keine Großen Anfragen stellen, sie dürfen keine Geschäftsstelle im Landtag betreiben und sich im offiziellen Schriftverkehr nicht als Blaue Gruppe bezeichnen. Um sich zumindest dagegen zu wehren, plant Petry nun, eine Verfassungsklage einzureichen. Sie kämpft und kämpft, aber die schlechten Nachrichten hören nicht auf. Erst am Dienstag hat die
Leipziger Volkszeitung
Ergebnisse einer neuen Umfrage veröffentlicht. Demnach ist Petry eine Landespolitikerin mit einem der niedrigsten Sympathiewerte. Auf einer Skala von eins (sehr sympathisch) bis sechs erhält sie eine 4,9.

Ein Hoffnungsschimmer der Blauen war eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa aus dem Sommer. Damals konnten sich neun Prozent der Sachsen vorstellen, die Blauen zu wählen. Inzwischen, sagt Insa-Chef Hermann Binkert, spielten die Blauen in den Umfragen keine Rolle mehr. Er schließe aktuell aus, dass die Partei bei den kommenden Wahlen Erfolge feiern werde.

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