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Slowakei: Wird eine Liberale neue Präsidentin in der Slowakei?

An diesem Samstag könnte eine liberale Kandidatin zur Präsidentin der Slowakei
gewählt werden, die bislang niemand kannte: Zuzana Čaputová, 45 Jahre
alt, eine frühere Umweltaktivistin und Bürgerrechtlerin. Sie hat gute
Chancen als erste Frau an die Spitze eines mitteleuropäischen Landes
gewählt zu werden.

Bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen am 16. März errang
Čaputová überraschend 41 Prozent der Stimmen. In der Stichwahl tritt sie
nun an diesem Samstag gegen den EU-Kommissar Maroš Šefčovič an.
Šefčovič stellt sich offiziell als parteiloser Bewerber zur Wahl, wird
aber von der regierenden Smer-Partei unterstützt, deren Vorsitzender
Fico weiterhin ist. Trotz der Unterstützung mächtiger Politiker im Land
erhielt er in der ersten Runde der Wahl nur 18,7 Prozent der Stimmen.

Der Erfolg Čaputovás und der Mord an dem slowakischen Journalisten Ján Kuciak und seiner Verlobten Martina Kusnirova  hängen zusammen. Rund ein Jahr ist her, dass Zehntausende Slowaken auf die Straße gingen, um gegen die brutale Ermordung des Journalisten und seiner Partnerin zu protestieren. Kuciak hatte zu den Verbindungen der regierenden sozialistischen Smer-Partei zu mutmaßlich kriminellen Geschäftsleuten recherchiert. Am 21. Februar 2018 wurden Kuciak und Kušnírová, beide 27 Jahre alt, in der Nähe ihres Hauses aus nächster Nähe erschossen. Die Ermittler haben vor wenigen Tagen einen einflussreichen Geschäftsmann beschuldigt, die Morde in Auftrag gegeben zu haben.

Die Morde lenkten nicht nur internationale Aufmerksamkeit auf das kleine Land in Osteuropa. Sie haben auch die politische Landschaft in der Slowakei verändert. Der regierende Ministerpräsident Robert Fico musste sein Amt niederlegen. Und die Frau, die vielleicht bald die erste Präsidentin eines mitteleuropäischen Landes werden könnte, war selbst Teil der Bewegung, die nach dem Doppelmord für eine “anständige Slowakei” protestierte. Anhänger der Protestbewegung überredeten sie zur Kandidatur. Seither hat sie einen ungewöhnlich schnellen politischen Aufstieg hingelegt. 

Noch vor wenigen Monaten war Čaputová weitgehend unbekannt. Bevor sie 2017 in die Partei “Progressive Slowakei” eintrat, arbeite sie 17 Jahre lang für eine Umweltorganisation. Erstmals einen Namen machte sie sich dadurch, dass sie eine große Mülldeponie in Pezinok verhinderte, einer Stadt nordöstlich der Hauptstadt Bratislava.

Ihre Positionen: Umweltschutz und Korruption

Nach den Protesten im Frühjahr vergangenen Jahres mobilisierte sie viele Anhänger der Bewegung, sie bei den Präsidentschaftswahlen zu unterstützen. Seither wird sie getragen von einer Protestbewegung, die sich vor allem gegen die als korrupt geltende Elite in Bratislava richtet.

Formal würde Čaputová im Falle eines Sieges keine große Macht zufallen. Der Präsident oder die Präsidentin verfügt in der Slowakei über wenige Kompetenzen. Dennoch hätte die Wahl Čaputovás Symbolkraft. Die Rechtsanwältin vertritt Positionen, die bisher in den meisten Staaten Osteuropas nur schwer mehrheitsfähig wären. Sie befürwortet mehr Umweltschutz, will die Korruption im Land bekämpfen und spricht sich auch für ein Recht auf Abtreibung aus. Ein Adoptionsrecht für Homosexuelle lehnt sie nicht ausdrücklich ab. Vor allem letztere Positionen haben ihr den Widerstand der katholischen Kirche eingebracht. 

Ob Čaputová die Wahl tatsächlich gewinnen kann, ist noch nicht ausgemacht. Letzte Umfragen sahen sie knapp vor ihrem Konkurrenten Šefčovič. Der verantwortet derzeit noch als Kommissar die Energiepolitik der EU. Er gilt wie Čaputová als überzeugter Europäer. 

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