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Rechte Bewegung: Warum die Identitären am Ende sind

Für eine Gruppierung, die Zeit ihrer Existenz von
Aufmerksamkeit und Skandalen lebte, hat es etwas Ironisches: Die rechtsextreme
Gruppierung Identitäre Bewegung aus Österreich steht wieder im Rampenlicht.
Dieses Mal aber ist es ein Problem für sie, womöglich ein existenzielles.

Denn nach Angaben des Leiters der Identitären, Martin
Sellner
, hat der Attentäter von Christchurch, der am 15. März in der
neuseeländischen Stadt 50 Muslime in einem rassistisch motivierten
Terroranschlag ermordete, Sellner im vergangenen Jahr 1.500 Euro gespendet.

Der österreichische Kanzler Sebastian Kurz reagierte schnell:
“Jede Verbindung zwischen dem Attentäter von Christchurch zu Mitgliedern der
Identitären in Österreich”
müsse “restlos und schonungslos aufgeklärt werden”, erklärte er.

Auflösen wird schwer

Nach allem, was man zum jetzigen Zeitpunkt wissen kann,
dürfte der erhobene Vorwurf der “Beteiligung an einer terroristischen
Vereinigung” allein durch die Spende kaum zu belegen sein – und eine Auflösung
der sogenannten Identitären Bewegung
durch den österreichischen Staat
ist juristisch wackelig. Auch ist noch unklar, ob der Attentäter, als er sich vor
einiger Zeit in Österreich aufhielt, in Kontakt mit Sellner und seinen Leuten
trat.

Das Problem ist aber nicht das Geld. Und auch nicht, wer wem
die Hände geschüttelt hat.

Das Problem ist, dass es den Identitären schwerfallen
dürfte zu erklären, an welchen Punkten sich ihre rassistischen
Verschwörungstheorien von denen unterscheiden, die den Attentäter von
Christchurch zu seiner Tat trieben. Der nämlich hatte in einem Schreiben zu
seinem Terroranschlag ganz explizit auf die Identitären und ihre Ideologie
verwiesen. Eben dieses neue Licht auf die politischen Gemeinsamkeiten zwischen
den Terroristen und den Aktivisten dürfte für die Identitären das Ende ihrer
bisher erfolgreichen Strategie markieren.

Die Identitären, muss man wissen, waren der Versuch
ehemaliger Neonazis und anderer Rechtsextremer, sich ausreichend weit von
Hitler, der Schoah und dem Nationalsozialismus einerseits und den prügelnden und
mordenden Naziskinheads der Neunzigerjahre andererseits zu distanzieren. Sie
lasen sich weit genug in die Theorien
von zivilem Ungehorsam und außerparlamentarischer Opposition ein, um gerade
noch so als rechtsextreme Intellektuelle durchzugehen. Rechtsextrem genug für
die Mitglieder, bürgerlich genug für die Spender und klammheimlichen
Unterstützer.

Weg von der Auschwitz-Assoziation

Die Identitären waren damit der praktische Versuch, die
“Assoziationskette rechts – rechtsradikal – Nazi – Auschwitz” zu durchbrechen, die Dieter Stein, der Herausgeber
der rechtskonservativen Wochenzeitung Junge Freiheit, als das große
strategische Dilemma aller rechten und rechtsextremen Gruppierungen in
Deutschland und Österreich benannt hatte.

Eine Zeit lang schien dieses Kalkül aufzugehen: Mit einer
Handvoll Aktivisten, meist Mitgliedern ohnehin als rechtsextrem eingestufter
Burschenschaften, traten die Identitären zwischen 2016 und 2018 mit
Aktionsformen in die Öffentlichkeit, die sie sich bei Umweltorganisationen
abgeschaut hatten: In Deutschland kletterten sie mit Transparenten auf das
Brandenburger Tor und den Kölner Hauptbahnhof, in Österreich versuchten sie den
1. Mai der SPÖ mit Luftballons und Plakaten zu stören. Die mit großem Tamtam
angekündigte Kontrolle von privaten Rettungsbooten auf dem Mittelmeer
scheiterte kläglich. Letztlich blieb von der selbst ernannten Bewegung nicht viel mehr übrig als die
Social-Media-One-Man-Show von Martin Sellner.

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