/Seenotrettung: EU beendet Marineeinsatz vor libyscher Küste

Seenotrettung: EU beendet Marineeinsatz vor libyscher Küste

Die EU stellt die Flüchtlingsrettung mit Schiffen im Rahmen der Mittelmeermission Sophia wegen des Streits um die Flüchtlingsaufnahme mit Italien vorläufig ein. Eine von den Mitgliedstaaten ausgehandelte Kompromisslösung sieht vor, das Mandat der Mission zwar zu verlängern – allerdings ohne den Einsatz von Schiffen, teilte ein EU-Vertreter mit. Dafür soll die Luftüberwachung über dem Mittelmeer ausgebaut werden, um die Aktivitäten von Schleusernetzwerken zu beobachten. Auch die Ausbildung libyscher
Küstenschützer soll fortgesetzt werden. Darüber hatten zunächst die Nachrichtenagentur dpa und Politico berichtet.

Eine weitere Verlängerung des Einsatzes von Schiffen scheiterte den Berichten zufolge am Veto Italiens. Dessen Regierung ging zuletzt verstärkt gegen nicht-staatliche Retter vor. Mehrfach
wurden Schiffe mit geretteten Menschen im Mittelmeer blockiert
.

Seit Beginn der europäischen Marinepräsenz vor der Küste Libyens im Jahr 2015 wurden 50.000 Migranten nach Italien gebracht – mehr als 22.500 von ihnen nach der Rettung durch die deutsche Marine. Die Mission soll in erster Linie Schleuserkriminalität eindämmen. Von Libyen aus brechen seit Jahren zahlreiche Menschen in Schlauchbooten Richtung Europa auf und bringen sich dadurch in Lebensgefahr.

Die
Entscheidung für den Rettungsstopp wurde den Angaben zufolge am
Dienstagabend nach stundenlangen Verhandlungen im Politischen und
Sicherheitspolitischen Komitee getroffen. Sie soll für zunächst sechs
Monate gelten. Das aktuelle Mandat läuft am 31. März aus.

Die Regierung in Rom fordert seit Monaten eine Änderung der
Einsatzregeln, die vorsehen, dass bei der Operation aus Seenot gerettete
Migranten ausschließlich nach Italien gebracht werden. Der von Italien
angestrebten Änderung steht jedoch entgegen, dass sich Länder wie Ungarn
oder Polen weigern, einem festen Umverteilungsmechanismus zuzustimmen.

Mogherini hebt Erfolg der Mission hervor

Deutschland hatte zuletzt angekündigt, vorerst kein
Schiff mehr für den Einsatz vor der libyschen Küste zur Verfügung zu
stellen. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) begründete
das mit dem Verhalten der italienischen Einsatzführung, die die
deutsche Marine in den vergangenen Monaten nicht mehr in die Nähe von
Flüchtlingsrouten geschickt hatte – offensichtlich um auszuschließen,
dass Migranten gerettet werden, die dann nach Italien gebracht würden. Für die Bundeswehr hat der Stopp nach Angaben des Verteidigungsministeriums keine Auswirkungen, da sie kein Schiff im Einsatz hat. Unverändert bleibe die deutsche Beteiligung an der Einsatzführung im Hauptquartier in Rom.

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© Foto: Aris Messinis/AFP/Getty

Die
EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini hatte die EU-Staaten in den
vergangenen Monaten mehrfach eindringlich dazu aufgerufen, eine
Fortsetzung der Operation Sophia zu
ermöglichen. Sie verwies darauf, dass die Zahl der in Europa
ankommenden Migrantinnen und Migranten im Verlauf des Einsatzes um mehr als 80 Prozent
gesunken sei – unter anderem durch die Ausbildung der libyschen
Küstenwache.

Die Grünen-Politikerin Franziska Brantner forderte die Bundesregierung auf, sich weiter für die Flüchtlingsrettung einzusetzen. “Nichtstun ist keine Option”, sagte Brantner. “Wir brauchen eine europäische zivile Seenotrettung und anschließende Verteilung der Geretteten.” Ähnlich äußerte sich Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt.

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