/EU-Parlament: Abgeordnete stimmen versehentlich falsch über Urheberrechtsreform ab

EU-Parlament: Abgeordnete stimmen versehentlich falsch über Urheberrechtsreform ab

Hätte es doch noch Änderungen an der umstrittene Urheberrechtsreform geben können? Denkbar scheint dies, denn bei der Abstimmung des EU-Parlaments am Dienstag in Straßburg haben mehrere Abgeordnete nachträglich ihr Votum geändert. Das geht aus dem Protokoll der Sitzung hervor, von dem der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken auf Twitter einen Screenshot veröffentlichte und das hier online  abrufbar ist.

Demnach stimmten zehn Parlamentarier im Plenum zunächst gegen Änderungsanträge an der Reform, enthielten sich oder stimmten gar nicht ab – in der Dokumentation aber ließen sie ihr Abstimmungsverhalten ändern und festhalten, dass sie eigentlich für die Änderungen gewesen wären. Zwei weitere änderten wiederum ihr Votum von Ja auf Nein, und einer ließ nachträglich festhalten, dass er sich eigentlich enthalten wollte.

Unter anderem machte Wölken auf Twitter auf diese Korrekturen aufmerksam. Wölken hatte sich für Änderungen an der Reform eingesetzt und zeigte sich im Interview mit der Tagesschau verärgert, weil in der Summe ausreichend Abgeordnete für die Änderungsanträge gewesen wären, aber im entscheidenden Moment in der Sitzung falsch oder eben gar nicht abgestimmt hätten. So aber kam es, dass der sogenannte Geschäftsordnungsantrag, der Änderungen möglich gemacht hätte, knapp mit fünf Stimmen Mehrheit abgelehnt wurde.

Ungewöhnlich ist es nicht, dass Abgeordnete ihr Votum nachträglich ändern. Gerade im EU-Parlament vertun sich die Parlamentarier schon einmal, weil zum Beispiel Übersetzungen verzögert sind oder missverständlich, aber auch weil die Abgeordneten über eine Vielzahl von Anträgen – oft Hunderte unterschiedlichste Punkte während einer Sitzung – abstimmen müssen und schon ein kleiner Moment der Ablenkung reicht, um nicht mehr den Überblick zu haben oder den Moment einer wichtigen Entscheidung zu verpassen. So soll dem ARD-Bericht zufolge auch der SPD-Europapolitiker Jo Leinen die Abstimmung über die Änderungsanträge zur Urheberrechtsreform schlicht verpasst haben. Außerdem stimmten wohl zwei Schwedendemokraten versehentlich falsch. Die Partei erklärte später auf Twitter, dass die Abgeordneten sich bei den Abstimmungsknöpfen vertan hätten.

Marietje Schaake, niederländische EU-Abgeordnete der Liberalen, sagte ZEIT ONLINE, dass für eine nachträgliche Änderung allerdings keine Gründe angegeben werden müssen. So könne man über die wirklichen Motive nur spekulieren. Auch Schaake zeigte sich verärgert über das Ergebnis im Plenum, auch sie hatte sich für Änderungen eingesetzt. Der Abgeordneten zufolge sei durchaus denkbar gewesen, dass noch Änderungen möglich gewesen wären, hätten alle so abgestimmt wie im Protokoll festgehalten.

Damit zumindest in der Dokumentation festgehalten wird, wie die Politikerinnen und Politiker richtig votiert hätten, sieht die Geschäftsordnung vor, dass die Abgeordneten ihr Abstimmungsverhalten nachträglich korrigieren lassen können. Davon machen viele auch rege Gebrauch. Ändern tut das am Ergebnis allerdings nichts. Und das hat auch einen Grund: Andernfalls könnte Druck auf die Abgeordneten ausgeübt werden, ihr Votum nachträglich zu ändern.

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