/Illegales Autorennen: Kudamm-Raser erneut wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt

Illegales Autorennen: Kudamm-Raser erneut wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt

In dem neu aufgerollten Prozess um ein illegales und tödliches Autorennen auf dem Berliner Kurfürstendamm hat das Landgericht der Hauptstadt zwei Männer zum zweiten Mal wegen Mordes zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt. Die erste Verurteilung hatte der Bundesgerichtshof aufgehoben.

Die beiden Fahrer  – inzwischen 30 und 27 Jahre alt – hatten in der Nacht zum 1. Februar 2016 einen schweren Unfall verursacht, als sie mit ihren Sportwagen den Kurfürstendamm mit bis zu 160 km/h entlang gerast waren. Dabei ignorierten sie elf rote Ampeln, das Auto des einen Fahrers rammte einige Straßenbegrenzungen. Auf der Verlängerung des Ku’damms, der Tauentzienstraße, kam es dann zu dem tödlichen Unfall: Der heute 30-Jährige rammte an einer Kreuzung kurz vor dem Kaufhaus KaDeWe einen Jeep, der Grün gehabt hatte. Der Geländewagen wurde mehr als 70 Meter weit über die Straße geschleudert, der 69-jährige Fahrer starb noch am Unfallort. Beide Sportwagenfahrer wurden kaum verletzt.  

Die Staatsanwaltschaft bewertete das Vergehen der Männer als Mord – bis dato einmalig in der deutschen Rechtsgeschichte. Nach Paragraf 211 des Strafgesetzbuches muss dafür nämlich mindestens ein Mordmerkmal vorliegen. Dazu gehören zum Beispiel Mordlust, Habgier, Heimtücke oder die Absicht, eine andere Straftat zu verdecken. Die Anklage sah dies als teils erfüllt an: Die Männer hätten mögliche tödliche Folgen billigend in Kauf genommen sowie gemeingefährliche Mittel eingesetzt und aus niedrigen Beweggründen gehandelt, um ein illegales Rennen zu gewinnen.

In seinem ersten Urteil zu dem Fall folgte das Landgericht Berlin dieser Argumentation – und wurde in der Revision vor dem Bundesgerichtshof eines Besseren belehrt. Die BGH-Richter in Karlsruhe sahen einen bedingten Tötungsvorsatz nicht ausreichen begründet, hoben das Urteil auf und ordneten eine neue Verhandlung vor dem Landgericht an.

Angeklagten zeigten erst im zweiten Prozess Reue

Im zweiten Prozess blieben die Verteidiger bei ihrer Haltung: Sie plädierten im Fall des heute 30-Jährigen auf eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung und sprachen sich bei dem heute 27-Jährigen für drei Jahre Haft wegen Gefährdung des Straßenverkehrs und fahrlässiger Körperverletzung seiner damaligen Beifahrerin aus. Der Vorsatz, an einem Rennen teilzunehmen, sei nicht mit einem
Tötungsvorsatz gleichzusetzen, argumentierte die Verteidigung. Raser wie sein Mandant seien “zu einem bedingten Vorsatz
schlichtweg nicht fähig”, sagte einer der Anwälte. Ihnen würde bei “bei so einer Fahrt das Risiko
nicht in den Sinn kommen”. Die Männer seien davon ausgegangen, alles
unter Kontrolle zu haben. In ihrer Selbstüberschätzung hätten sie sich
auf ihre Fahrkünste verlassen und keine hohe Gefahr gesehen.

Tatsächlich hatte eine Verkehrspsychologin einen der Angeklagten im ersten Prozess als “massiv selbstüberschätzend” beschrieben. Bei dem Rennen sei es ihm darum gegangen, “zu gewinnen und dadurch sein Ego aufzuwerten”. Der heute 30-Jährige etwa habe seinen gebraucht gekauften Sportwagen nach eigenen Angaben “geliebt” und damit sein Selbstwertgefühl gesteigert. Die Psychologin erklärte, mehrfach sei der Mann wegen Verkehrsdelikten aufgefallen, “aber nicht mit der erforderlichen Härte bestraft worden”. Bei ihm habe “kein echtes Erkennen der eigenen Schuld begonnen”.

Im aktuellen Verfahren sagte der 30-Jährige nun, er wolle sich bei den Hinterbliebenen des 69-Jährigen entschuldigen. “Ich würde gern ungeschehen machen, was geschehen ist.” Auch der 27-Jährige sagte, er wolle sich “aufrichtig bei den Nebenklägern entschuldigen”. Er bat um ein gerechtes Urteil.

Seit 2018 härtere Strafen möglich

Seit Oktober 2017 können Teilnehmer von illegalen Autorennen generell härter bestraft werden. Im Strafgesetzbuch gibt es nun den Paragrafen 315d. Durch ihn wird bestimmt, dass ein Gericht bis zu zehn Jahren Haft verhängt werden kann, wenn durch ein “verbotenes Kraftfahrzeugrennen” der Tod eines anderen Menschen verursacht wird. Zuvor waren solche Delikte nicht als Straftatbestand, sondern lediglich als Ordnungswidrigkeit eingestuft, meist geahndet mit einem Bußgeld von 400 Euro und einem einmonatigen Fahrverbot. Der Vorwurf lautete meist Gefährdung des Straßenverkehrs.

Dass dies vom Gesetzgeber geändert wurde, lag auch an dem Berliner Raser-Fall, für den die neuen Bestimmungen gleichwohl rückwirkend nicht gelten. Für Aufsehen sorgte dabei auch ein Fall in Hamburg, bei dem ein Mann im Jahr 2017 mit einem gestohlenen Taxi einen Menschen getötet und zwei schwer verletzt hatte. Auch dieser Mann wurde in einem ersten Verfahren wegen Mordes verurteilt – und bleibt es nach der Revision vor dem BGH. Im Gegensatz zu dem Fall aus Berlin sahen die Karlsruher Richter den bedingten Tötungsvorsatz hier ausreichend begründet und bestätigten das harte Urteil.

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