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Europaparlament: EU-Abgeordnete stimmen für Urheberrechtsreform

Das Europaparlament hat der umstrittenen Reform des Urheberrechts ohne
Änderungen zugestimmt und damit den Weg für eine baldige Umsetzung freigemacht. Auch der besonders kontrovers diskutierte Artikel 13, der in der finalen Fassung nun Artikel 17 heißt, fand
in Straßburg eine Mehrheit unter den Abgeordneten. Er regelt, dass urheberrechtlich
geschützte Werke – wie etwa ein Songtext oder ein Filmausschnitt – nicht
auf einer
Plattform erscheinen dürfen, wenn deren Betreiber keine Lizenz dafür besitzt.

Bisher
war es Aufgabe der Nutzerinnen und Nutzer, die Rechte der von ihnen
geteilten Beiträge einzuhalten. Die Plattformen mussten erst eingreifen,
wenn sie von Verstößen erfuhren. Sie wurden durch ein Haftungsprivileg
geschützt, das in den Anfängen des Internets erlassen wurde. So sollten
die neu entstehenden Portale nicht belastet werden. Heute sind aus den
Start-ups jedoch mächtige Unternehmen geworden, die die EU stärker in die Verantwortung nehmen möchte.

Künftig müssen Portale wie etwa Facebook daher Posts auf mögliche
Urheberrechtsverletzungen prüfen, bevor die Beiträge erscheinen. Eine technische
Lösung dafür wären Uploadfilter – also eine Software, die
Beiträge auf mögliche Urheberrechtsverletzungen hin untersucht und sie im
Zweifel gar nicht erst online gehen lässt. Solche
Systeme sind allerdings fehleranfällig, sie können nicht zwischen einem Nutzervideo,
einer Satiresendung oder Berichterstattung unterscheiden. Im schlimmsten Fall,
so die Befürchtung der Reformgegner, würde die Meinungs- und Kunstfreiheit eingeschränkt. Am Wochenende waren Zehntausende gegen die Reform auf die Straße gegangen.

Umstritten war der nun ebenfalls gebilligte Artikel, der ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage vorsieht. Suchmaschinen oder
Websites dürfen demnach künftig keine Titel
oder ganze Sätze aus etwa Zeitungsberichten anzeigen, wenn sie keine
Lizenzen von den Verlagen erworben haben. Wer auf solche Texte online
verweisen will, darf also nur noch einzelne Worte oder kurze
Textausschnitte einblenden. Links sind davon zwar ausdrücklich
ausgenommen,
nicht aber Link-Vorschauen, die normalerweise Titel und Teaser eines
Artikels gleich mit anzeigen.

Die Reform war 2016 von der
EU-Kommission vorgeschlagen worden. Sie soll das Urheberrecht ans
digitale Zeitalter anpassen und Kreative stärker an den
Erlösen zu beteiligen, die im Netz mit ihren Werken erzielt werden. Das aktuelle Urheberrecht stammt aus dem Jahr
2001 – damals
gab es Facebook, Twitter oder YouTube noch nicht. 

Heftige Wortgefechte

Kurz vor der Abstimmung über die
Reform des Urheberrechts hatten sich
Gegnerinnen und Befürworter des Vorhabens im Europaparlament noch
heftige Wortgefechte geliefert. An die fünf
Millionen Bürger hätten eine Petition gegen die geplanten Uploadfilter
unterschrieben, sagte Julia Reda von der Piratenpartei, eine Worführerin

der Reform-Gegner. Mehr als 200.000 Menschen hätten am Wochenende gegen
die Pläne demonstriert. Doch jede Kritik sei ignoriert worden – die
EU-Kommission habe die Demonstranten vielmehr als “Mob” bezeichnet.

Reda
verwies auch auf einen Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
(FAZ)
über einen möglichen Tauschhandel zwischen Deutschland und
Frankreich: Demnach soll die Regierung in Berlin die von der Regierung in Paris gewünschte Reform des
Urheberrechts unterstützt haben. Im Gegenzug soll Frankreich zugesagt
haben, Deutschland beim Streit über die Nordstream-2-Gaspipeline zu
unterstützen.

Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) sei
gegen die Uploadfilter, sagte der SPD-Abgeordnete Tiemo Wölken. Sie
habe sich aber Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beugen müssen, die
“einen Deal mit Frankreich geschlossen hat”. Bei der Debatte gehe es
längst nicht mehr um das Urheberrecht. Es gehe vielmehr um den Umgang
mit Demokratie. Die EU-Kommission habe die Teilnehmer an den
Demonstrationen verunglimpft. Zudem sei das Gerücht gestreut worden,
dass Demonstranten von den Internet-Giganten gezahlt wurden.

Befürworter sehen Reform als “einzige Chance”, Kreative künftig zu schützen

Der Berichterstatter des Parlaments, Axel Voss
(CDU)
wies die Kritik an der geplanten Reform zurück. Sie betreffe
nur
große Plattformen, die “viel Geld” verdienten.  Ziel der Reform sei es,
eine Balance zwischen den Interessen der Kreativen und der
Meinungsfreiheit zu schaffen. Es werde keine “Zensur” geben. “Wollen wir
im Internet am Ende alles erlauben oder haben wir noch den Schutz von
Werten?”, fragte Voss die anderen Abgeordneten.

Es
gehe darum, Internet-Riesen wie Google, Facebook oder YouTube zur
Verantwortung zu ziehen, sagte der französische Liberale Jean-Marie Cavada. Die wirtschaftliche Lage der Presse sei katastrophal. Mit der
Presse sei “ein Teil der Demokratie in Gefahr”. Die geplante Reform sei
“die einzige Chance”, Kreative künftig zu schützen.

Wer gegen die Reform stimme, stimme dafür, dass “Kunst wieder eine
brotlose Kunst wird”, sagte die CDU-Abgeordnete Sabine Verheyen. “Wer
davon profitiert, das sind die Internet-Giganten”. Kreative in Europa
müssten von ihrer Arbeit leben können, betonte auch die EU-Kommissarin
für Digitalwirtschaft, Maria Gabriel.

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