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EU-Urheberrechtsreform: Einfach nur eine Frechheit

Es ist entschieden. Die Uploadfilter kommen, das
Leistungsschutzrecht auch. Das Europäische Parlament hat für die Urheberrechtsreform
gestimmt, die den EU-Mitgliedsländern Gesetze aufdrückt, die das Urheberrecht
der analogen Zeit ins Digitale hinüberretten sollen. Und nimmt dabei allerlei
Kollateralschäden und Rechtsunsicherheiten in Kauf – von der Machtkonzentration
bei großen Plattformen über fehleranfällige Filterlösungen bis hin zur
schwammigen Definition, wer nach dem Leistungsschutzrecht eigentlich was
darf. 

Das Internet wird davon schon nicht kaputtgehen, YouTube
ebenso wenig – und doch wird aller Wahrscheinlichkeit nach weniger möglich sein.
Weshalb viele Gegnerinnen und Gegner der Reform – die sich meistens nicht gegen die
Entlohnung von Urhebern ausgesprochen haben, sondern nur die
unverhältnismäßigen Maßnahmen dieser Richtlinie ablehnten – von einer
verheerenden Entscheidung für die Freiheit im Internet sprechen. Vor allem,
weil kleine und große Plattformen Inhalte blockieren werden, die sie teuer zu
stehen kommen könnten. Und ihre Software alles andere, was sie für solche
Inhalte hält.

All das ist ein Rückschlag für das freie Netz. Noch bitterer
ist allerdings das politische Signal, das von dieser Entscheidung ausgeht. Vor
allem vor dem Hintergrund dessen, zu welch einer Schlammschlacht sich die
Debatte um die Urheberrechtsreform in den vergangenen Wochen entwickelt hat.

Vorwürfe, Angriffe, Diskreditierungen

Zur Erinnerung: Für viele Menschen, die jung sind oder
zumindest erst jüngst politisiert, ist der Protest gegen diese Reform der erste
Berührungspunkt mit Europapolitik. Und das kurz vor einer Wahl, die viele als
wegweisend empfinden. Diese Menschen, die sich sicher wähnten, die besseren
Argumente auf ihrer Seite zu haben, haben eine Niederlage kassiert. Das allein
wäre frustrierend, gehört aber natürlich auch dazu, zu den politischen
Erfahrungen, die man in einer Demokratie eben so macht. Und mag unter anderem
auch damit zusammenhängen, dass die Proteste gegen die Reform jenseits von
Deutschland weitaus weniger scharf und groß waren, als es von hier aus wirkte.

Besorgniserregend und einigermaßen neu ist allerdings, wie in
den vergangenen Wochen und Monaten Befürworter der Reform immer wieder versucht
haben, die Proteste kleinzureden. Mit Vorwürfen, Angriffen und
Diskreditierungen. Reichten die Gegner 4,7 Millionen Unterschriften gegen die
geplante Richtlinie ein und schrieben Mails an ihre Abgeordneten, nannte die
Europäische Kommission sie “Mob”, und der CDU-Politiker Sven Schulze vermutete,
es handle sich tatsächlich um das Werk von Bots. Gewannen die Demonstrationen
gegen Artikel 13 an Teilnehmerinnen und Teilnehmern, strebten CDU-Politiker
plötzlich an, die entscheidende Abstimmung im Europäischen Parlament
vorzuziehen – weit vor den 23. März 2019, für den die Gegner schon damals große
Proteste geplant hatten.

Immer lauter wurde in der konservativen Presse und seitens
konservativer Politiker auch der Vorwurf, alle, die sich gegen die geplante
Reform stellten, seien am Ende nur die nützlichen Idioten großer
Internetkonzerne. Die nämlich würden die YouTuber, ach was, die ganze Jugend,
aufhetzen gegen die armen Urheber, die doch nur ihren gerechten Anteil bekommen
sollten an dem, was die großen Plattformen sich in die Tasche stecken. Behauptungen,
die am vergangenen Wochenende darin gipfelten, dass der CDU-Europapolitiker
Daniel Caspary in der Bild sagte,
Demonstranten würden für ihre Teilnahme an den Protesten gegen Artikel 13
(inzwischen Artikel 17) “bis zu 450 Euro” geboten. Natürlich ohne Belege dafür
zu nennen.

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