/Brennnessel-Gimlet: Diesen Klassiker gibt es jetzt auch in Grün

Brennnessel-Gimlet: Diesen Klassiker gibt es jetzt auch in Grün

Ist ein Mojito ein Longdrink? Muss bei einer Margarita immer ein
Salzrand ans Glas? Und wie viel Zitrone gehört in einen Whiskey Sour?
Unsere Serie “Absacker”
beantwortet diese Fragen und verrät Ihnen, wie Sie sich selbst den
richtigen Drink für einen perfekten Abend mixen können. Denn hinter
jedem Drink verbirgt sich ein Lebensgefühl.

Auf der Suche nach dem perfekten Getränk kann es sich lohnen,
nicht gleich in einer Bar, sondern erst mal bei einem Schriftsteller nachzusehen.
Etwa bei Raymond Chandler, bekannt für seinen scharfkantigen Stil und für
seinen großen Durst. Die Protagonisten seiner Romane, darunter der
Privatdetektiv Philip Marlowe, sind stets hard
boiled
, knallhart im Umgang mit anderen und sich selbst. Was trinken solche
Männer gern? Gimlet. 21-mal kommt das Wort in Chandlers Roman Der lange
Abschied
vor. So heißt es an einer Stelle: “Was die hier einen Gimlet nennen,
ist einfach Zitronen- oder Limettensaft mit Gin und einem Schuss Zucker und
Bitterbier. Ein richtiger Gimlet besteht zur einen Hälfte aus Gin und zur
anderen aus Rose’s Lime Juice und aus sonst nichts.”

Aus heutiger Sicht würden
viele Bartender dem widersprechen. Festgehalten werden kann aber, dass es sich um eine Gin-Sour-Variation mit
kurzer Zutatenliste handelt. Manche mixen den Gimlet mit frischem Limettensaft
und Zuckersirup, andere greifen auf den eingangs erwähnten Rose’s Lime Juice zurück
– ein solcher Lime Cordial lässt sich aber leicht selbst herstellen, in bester
Qualität.

Anfangs sollte der Gimlet allein der Gesundheit dienen.
Um ihre Seefahrer vor Skorbut zu schützen, verabreichte die Royal British Navy
ihnen im 19. Jahrhundert Vitamine in Form von Limettensaft, der, im Gegensatz
zu frischem Obst, auch auf langen Überfahrten frisch blieb. Vermutlich war es
der Konteradmiral und Arzt Thomas Desmond Gimlette, der auf die Idee kam,
diesen Saft mit der Tagesration Gin zu mischen.

Es gab eine Tagesration Gin? Ja. Kein Wunder, dass der
Name des Drinks dem Flottenarzt huldigt. Gimlet ist allerdings in wörtlicher
Übersetzung auch ein Holzbohrer – das könnte eine Verbindung zu den bohrenden
Kopfschmerzen sein, die zu viel Gin mit sich bringt.

Aber ist der Gimlet wirklich so ein robuster Drink? Ruben Neideck schüttelt den
Kopf. Sein Arbeitsplatz ist das Velvet in Berlin, das von dem Magazin Mixology zur
Bar des Jahres 2018 gekürt wurde. Jede Woche erstellen die vier Mitarbeiter eine
neue Karte auf Basis von dem, was Landwirte aus der Region ihnen liefern oder
was sie selbst gepflückt und gesammelt haben. Am Labortag werden Fichtennadeln
destilliert, Portobello-Pilze zu Schnaps gebrannt und ätherische Öle aus
Kräutern extrahiert. Da, wo in anderen
Bars der Eiswürfelautomat steht, trifft man im Velvet auf einen Rotationsverdampfer.

Jetzt, da das Frühjahr kommt, steht eine Gimlet-Version auf der Karte, schlicht
benannt nach ihrer Hauptzutat: Brennnessel. “Die haben wir letzten Sommer in
Kreuzberg gepflückt”, sagt Neideck, während er menorquinischen Gin mit
Limettencordial verrührt, selbstverständlich hausgemacht. Hinzu kommen Sake,
Sauerkirschbrand und Minz-Geist. Bevor er den Drink in ein vorgekühltes Glas
gibt, lässt er auf dessen Rand Brennnesselpuder rieseln.

Für den Puristen Raymond Chandler hätte dieser Gimlet entschieden
zu viele Zutaten gehabt, den Gästen des Velvets hingegen schmeckt er so gut,
dass er bereits als Klassiker gilt. Nur über eine Sache darf man sich nicht
beschweren: dass die Zähne hinterher grün gesprenkelt sind.

Am liebsten frisch gepflückt: Für das Velvet in Berlin nutzt Ruben Neideck Kräuter, um sie zu pulverisieren oder ätherische Öle zu extrahieren.
© Sarah Swantje Fischer

Brennnessel-Gimlet

Zutaten:

  • 50 ml Xoriguer Mahon
    Gin
  • 25 ml Gekkeikan
    Nouvelle Honjozo Sake
  • 20 ml hausgemachter
    Lime Cordial (Rezept siehe unten)
  • ½ Barlöffel
    Maraschino
  • 1 Spritzer
    Krause-Minze-Geist vom Berliner Freimeisterkollektiv

Garnitur:

  • 4 Sprüher
    Schattenmorellenbrand von Humbel
  • Brennnesselpuder

Für das Brennnesselpuder:

Für den Lime Cordial (ergibt 1 Liter):

  • 18 Limetten, deren
    Zeste
  • 600 g raffinierter Zucker
  • 400 ml destilliertes
    Wasser
  • 23 g Agar-Agar
  • 800 ml Limettensaft,
    frisch gepresst und gefiltert
  • 10 g Zitronensäure
  • 7 g Apfelsäure

Zubereitung:

Für das
Brennnesselpuder junge Brennnesselpflanzen waschen, trocken tupfen und im
Ganzen aufhängen, bis sie getrocknet sind. Anschließend in einem Blender auf
höchster Stufe zu feinem Pulver mahlen.

Für den Lime Cordial Limettenzesten zusammen mit Zucker für mindestens 24
Stunden in ein verschließbares Gefäß geben, dabei gelegentlich schütteln. 

Anschließend Wasser zum Kochen bringen, Agar-Agar darin auflösen und langsam
Limettensaft einrühren. In der Gefriertruhe für mindestens 24 Stunden gefrieren
lassen. Anschließend den gefrorenen Block in ein Passiertuch wickeln, in eine
Schüssel legen und in der Mikrowelle bei niedriger Wattzahl für 20 bis 30
Minuten antauen lassen. In der Schüssel sammelt sich geklärter Limettensaft.

Zesten aus dem Zucker entfernen. Mit 600 Millilitern geklärtem Limettensaft
mischen. Restlichen Saft aufkochen, dann Zitronen- und Apfelsäure
zugeben. In saubere Flaschen abfüllen.

Für den Gimlet den Rand einer Cocktailschale dünn mit Lime Cordial bestreichen
und mit Brennnesselpuder bestäuben. Alle Zutaten bis auf den
Schattenmorellenbrand mit Eiswürfeln kaltrühren. In die Cocktailschale geben,
mit Schattenmorellenbrand besprühen und servieren.

Hits: 44