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Gleichberechtigung: Skandal ohne Ende

Mit manchen Ungerechtigkeiten lebt man so
lange, bis man irgendwann glaubt, sie seien ganz normal und nicht zu ändern. Die
Diskriminierung von Frauen in der Arbeitswelt ist so eine Ungerechtigkeit.

Jeden Tag werden Frauen im Job auf
vielfältige Weise benachteiligt
. Ihnen wird fristlos gekündigt, wenn sie ihrem
Chef sagen, dass sie schwanger sind. Wenn sie später wieder arbeiten, verdienen
Mütter langfristig 61 Prozent weniger als im Jahr
vor der Geburt ihres Kindes. Manchen Frauen wird es sogar verwehrt, ihren alten
Job nach der Elternzeit wieder aufzunehmen, sie werden versetzt,
degradiert oder gleich ganz rausgeworfen. 

Es gibt auch Frauen, die haben bei Beförderungen
keine Chance gegen ihre männlichen Kollegen – egal, wie gut sie sind. Oder sie leisten
dieselbe Arbeit wie die Männer und werden doch schlechter bezahlt. Ein Viertel aller Arbeitnehmerinnen gibt nach einer Studie des Gewerkschaftsbundes DBB  an, im Berufsleben diskriminiert worden zu sein. Die meisten nennen als Grund ihr Geschlecht.

Alles schon mal gehört? Mag
sein. Aber wie kommt es, dass wir uns daran offensichtlich gewöhnt haben, trotz
50 Jahren Feminismus und Gender-Debatten? 

Es gibt heute viele Gesetze mit
schön klingenden Namen, die gegen Diskriminierung helfen sollen. Das Allgemeine
Gleichbehandlungsgesetz zum Beispiel, das Entgelttransparenzgesetz oder das
Bundeselternzeitgesetz. Aber es ist schwierig, durchzusetzen, dass diese Gesetze
wirklich eingehalten werden.

Da sind nicht nur die kurzen
Klagefristen vor Gericht oder die Tatsache, dass man in Arbeitsrechtsprozessen
die Kosten für die erste Instanz immer selbst tragen muss, unabhängig davon, ob
man den Prozess gewinnt oder verliert. Hinzu kommt, dass eine Diskriminierung
schwer zu beweisen ist: Mobbt der Chef die Person oder die Frau? Macht die Frau
wirklich die gleiche Arbeit wie der Mann? Sind die betrieblichen Gründe
wirklich zwingend, die verhindern, dass eine Mutter auf ihre alte Stelle zurückkehrt? Solche
Fragen führen zu langen und für die Beteiligten oft zermürbenden
Prozessen.

Damit sich etwas ändert, braucht es eine
große gemeinsame politische Anstrengung der Parteien, die in Sachen Diskriminierung
bislang viel versprochen, aber wenig gehalten haben: Die Klagefristen bei
Diskriminierungsfragen müssen deutlich verlängert werden. Große Unternehmen,
die sich immer noch weigern, Frauen in ihren Vorstand zu holen, müssen endlich
sanktioniert und verbindliche Quoten müssen eingeführt werden. Chefs – und Chefinnen – muss klar werden, dass sie nichts
gewinnen, wenn sie Schwangere und Mütter diskriminieren. Beispielsweise, indem
das Elterngeld nur gezahlt wird, wenn Männer mindestens die Hälfte der Zeit zu
Hause bleiben und nicht nur zwei Monate.

Die Diskriminierung von
Frauen am Arbeitsplatz ist nicht normal. Wer eine Diskriminierung erlebt oder
bezeugt, muss sie anprangern – gerade auch im eigenen Betrieb. Denn sie ist ein Skandal. Also Frauen: Wehrt Euch. Viele Männer werden Euch unterstützen. Weil
sie auch in Deutschland leben, im Jahr 2019.

 

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