/Brexit: Harter EU-Austritt ließe Einkommen in Deutschland stark sinken

Brexit: Harter EU-Austritt ließe Einkommen in Deutschland stark sinken

Die Deutschen müssten bei einem harten Brexit einer Studie zufolge Einkommensverluste von bis zu zehn Milliarden Euro jährlich hinnehmen. Pro Kopf und Jahr würde das Bruttoinlandsprodukt damit um 115 Euro sinken, wie eine Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung ergab.

Nur Großbritannien selbst hätte demnach durch einen ungeregelten EU-Austritt höhere Verluste als die Bundesrepublik. Die Briten würden durch einen harten Brexit pro Jahr 57 Milliarden Euro einbüßen – 900 Euro pro Einwohner. Nach Deutschland (zehn Milliarden weniger) folgen auf der Liste der betroffenen Volkswirtschaften Frankreich (acht Milliarden Euro weniger) und Italien (vier Milliarden). Das an Großbritannien grenzende Irland wäre mit 720 Euro Verlust pro Kopf ebenfalls stark betroffen.

Ein geordneter Brexit mit einem Austrittsabkommen würde die negativen Auswirkungen deutlich abmildern, schreiben die Autoren. Sie hatten auf Basis von amtlichen Handelsdaten in zwei Szenarien – Brexit mit oder ohne Vertrag – Einkommensentwicklungen geschätzt, auf Grundlage erwarteter Veränderungen beim Bruttoinlandsprodukt. Als Gründe für die erwarteten Verluste nennen sie Zölle, die Waren verteuerten, aber auch einen wohl sinkenden Wettbewerb in Europa mit negativen Folgen für Preis- und Lohnentwicklung.

USA und China profitieren

Fast zehn Milliarden Euro absoluter Einkommensverlust für Deutschland entsprechen den Berechnungen nach nur etwa 0,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, wie Mitautor Dominic Ponattu sagte. Es sei von regional unterschiedlichen Auswirkungen auszugehen. Nordrhein-Westfalen wäre voraussichtlich besonders stark betroffen, auch weil Großbritannien für den NRW-Export eine große Rolle spiele. Bayern würde bei den absoluten Einkommensverlusten ebenfalls recht deutlich verlieren. Zudem treffe der Brexit stark Regionen mit einem hohen Anteil an mittelständischen Unternehmen – etwa das Umland von Stuttgart und Hamburg oder das Rheinland.

Bei einem vertraglich geregelten Austritt sieht die Simulation weit weniger negative Auswirkungen. Für Deutschland nehme man dann Einkommensverluste von rund fünf Milliarden Euro an. Auch für die gesamte EU (ohne Großbritannien) würde sich der Verlust in etwa halbieren – auf geschätzte 22 Milliarden Euro.

Verlängerung beantragt

Profitieren von einem harten Brexit könnten wohl die USA und China mit jährlichen Milliarden-Einkommenszuwächsen, einen leichten Anstieg erwartet die Studie auch für Russland. Laut der Autoren könnten die US-Einkommen um 13 Milliarden Euro jährlich steigen. In China würden die Einkommen um rund fünf Milliarden Euro jährlich steigen, in Russland wäre mit einem leichten Anstieg von rund 260 Millionen Euro jährlich zu rechnen. 

Zahlreiche Politiker und Wirtschaftsvertreter und Verbraucherschützer hatten vor drastischen Folgen gewarnt, sollte es zu einem chaotischen Brexit kommen. Geplant ist er für Ende März. Da das britische Parlament dem mit der EU ausgehandelten Austrittsvertrag nicht bestätigt, hatte die britische Premierministerin Theresa May die EU am Mittwoch um einen Aufschub bis 30. Juni gebeten – ohne Teilnahme an der Europawahl zuvor im Mai.

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