/Landgericht München : Justizopfer Mollath hat Anspruch auf Schadensersatz

Landgericht München : Justizopfer Mollath hat Anspruch auf Schadensersatz

Dem jahrelang zu Unrecht in der Psychiatrie untergebrachte Gustl Mollath steht nach Ansicht des Landgerichts München I Schadenersatz zu. Der 62-Jährige verlangt vom Freistaat Bayern Schadensersatz unter anderem für Verdienstausfälle sowie Schmerzensgeld. Das Gericht räumte beim Prozessauftakt
nun eine “Vielzahl von Verfahrensfehlern” ein. Diese hätten dazu geführt, dass Mollath zur
Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik verurteilt worden sei,
sagte der Vorsitzende Richter des
zuständigen Landgerichts München I.
Das Gericht sei damals “bemüht gewesen, das Verfahren schnell zu
beenden. “Da hat wohl der Sachverhalt etwas drunter gelitten”, so
der Richter weiter.

Mollath
fordert vom Freistaat Bayern insgesamt 1,8 Millionen Euro Schadenersatz für mehr als sieben Jahre unrechtmäßiger Unterbringung in der Psychiatrie. In der Summe enthalten sind unter anderem 800.000 Euro Schmerzensgeld, 288.000 Euro Verdienstausfall und 90.000 Euro Anwaltskosten.

Mollath war im Jahr 2006 nach einem Prozess vor dem Landgericht
Nürnberg-Fürth gegen seine ehemalige Frau wegen angeblicher
Wahnvorstellungen zwangseingewiesen worden und hatte sieben Jahre in
der Psychiatrie verbracht. In dem Rechtsstreit mit seiner Ex-Frau hatte er von illegalen
Geldgeschäften seiner Frau für eine Großbank berichtet. Nach
Jahren hatte sich herausgestellt, dass die Vorwürfe im Kern zutrafen
und die Bank dies intern selbst festgestellt hatte, ohne darüber zu
informieren. Nach seiner Freilassung hatte Mollath verschiedenen Beamten und Richtern eine Vielzahl von Amtspflichtverletzungen vorgeworfen.

Nach Ansicht des Landgerichts München müsse für Amtshaftungsansprüche eine
Rechtsbeugung nachgewiesen werden, was in diesem Fall
schwierig sei. Allerdings greife bei Mollath Artikel fünf der
Europäischen Menschenrechtskonvention. Nach diesem stehe ihm
Schadensersatz zu.

Der Vorsitzende Richter im aktuellen Prozess teilte außerdem mit, dass das Urteil gegen Mollath aufgehoben worden wäre, hätte Mollath 2006 Revision eingelegt. Mollath hatte allerdings über seinen Pflichtverteidiger nur eine Rüge vorgebracht, was nicht ausreichte. Dies begründete Mollath auch damit, in der Psychiatrie keine Möglichkeiten gehabt zu haben, seine Rechte einzufordern.

Freistaat Bayern sieht keine weiteren Ansprüche

Wie hoch der
Schadenersatz ausfallen könnte, blieb zunächst offen. Darüber
sollen sich Mollath und das Justizministerium als Prozessparteien nun
in einem schriftlichen Verfahren austauschen. Ein Termin für eine
weitere öffentliche Verhandlung wurde nicht angesetzt. 

Der Freistaat
Bayern hatte Mollath nach seiner Entlassung aus der Psychiatrie 170.000 Euro angeboten. 70.000 Euro davon sind schon bezahlt. Der Rechtsvertreter des Freistaats sagte nach der Verhandlung, er müsse die Einschätzung
des Gerichts nun prüfen. Allerdings nannte er
den
ursprünglichen Vorschlag des Gerichts, 600.000
Euro zu zahlen, “eigentlich
nicht vertretbar”. Das Land sei aber offen, zu einer gütlichen
Einigung zu gelangen. 

Mollaths
Rechtsanwalt Hildebrecht Braun sagte, er halte die 600.000 Euro für
zu niedrig. Er kündigte an, den entstandenen Schaden genauer
nachzuweisen. Dies hatte das Gericht gefordert. 

Vor Beginn des
Verfahrens hatte Mollath gesagt, er leide bis heute unter der
Unterbringung. So habe er etwa nach wie vor Schlafstörungen.
Außerdem sei es ihm noch immer nicht gelungen, eine feste
Berufsanstellung zu finden. Er habe auch keine eigene Wohnung,
sondern lebe bei Freunden.

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