/Großbritannien: EU-Dokument zeigt Weg für Brexit-Verschiebung

Großbritannien: EU-Dokument zeigt Weg für Brexit-Verschiebung

Sollte Großbritannien diese Woche eine Verschiebung des Brexits beantragen, müssen die verbleibenden 27 EU-Mitgliedsstaaten dem einstimmig zustimmen. Ein Dokument der EU, über das die Financial Times und der Spiegel berichten, skizziert, wie eine solche Fristverschiebung aussehen könnte.

Dem Papier zufolge müssten die Briten bis zum 1. Juli aus der EU austreten – oder an den Europawahlen teilnehmen. Da vom 23. bis 26. Mai die Wahlen zum Europäischen Parlament stattfinden und das neu gewählte Parlament erstmals am 2. Juli zusammentritt, sollte “keine Verlängerung über den 1. Juli hinaus
gewährt werden, wenn keine Europawahlen zu dem festgesetzten Datum
stattgefunden haben”, heißt es in dem fünfseitigen Papier des Rates, dem
Gremium der EU-Mitgliedstaaten. Wenn die Europawahlen in Großbritannien nicht abgehalten werden, solle die Verlängerung enden, bevor das
Europäische Parlament sich am 2. Juli trifft. Das Papier wurde beim Treffen der EU-Botschafter am Freitag in Brüssel verteilt.

Großbritannien wird diese Woche vermutlich eine Verschiebung des Brexits beantragen. Die verbleibenden Mitgliedsstaaten müssen beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag dann darüber entscheiden. Die Fristverlängerung ist nötig geworden, weil das britische Unterhaus den von Premierministerin Theresa May verhandelten Austrittsvertrag abgelehnt hatte. Ohne Ratifizierung des Austrittsabkommens und ohne eine Fristverschiebung würde Großbritannien am 29. März ein harter Brexit bevorstehen.

Aus Sicht der EU ist somit entscheidend, ob Großbritannien an der Europawahl teilnimmt. Das Europäische Parlament müsse zu jedem Zeitpunkt ordnungsgemäß zusammengesetzt sein, heißt es in dem Papier. “Jeder Rechtsakt der EU, der unter
Mitwirkung eines irregulär zusammengesetzten Parlaments zustandekäme,
wäre rechtlich angreifbar.”

Merkel aufgeschlossener als Macron

Die Mitgliedsstaaten haben sich bei dem Thema unterschiedlich positioniert. Während Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einem Aufschub offen gegenüber ist, zeigt sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zurückhaltender. Großbritannien müsse klar
begründen, wofür eine Verlängerung benötigt werde, sagte Macron.

Der Vizepräsident der
EU-Kommission, Frans Timmermans, forderte eine klare
Positionierung Großbritanniens vor einem Aufschub des Brexits.
“Ich glaube, wir müssen darauf bestehen, dann auch ziemlich hart
sein: Leute, sagt mal, was ihr wollt, damit wir klarstellen
können, wozu eine Verlängerung dient”, sagte Timmermans der ARD. Die übrige EU
habe alles getan, was menschenmöglich sei, um den Briten zu
helfen. “Wir müssen aber auch unsere Interessen schützen. Wir
müssen dafür sorgen, dass der Binnenmarkt keinen Schaden hat.
Wir müssen dafür sorgen, dass der Frieden in Irland beibehalten
wird. Das sind unsere Anliegen, und darüber können wir keine
Kompromisse schließen”, sagte Timmermans.

EU-Ratspräsident Donald Tusk trifft am Montag Merkel und Macron zu Gesprächen, um die Reaktionen der EU vorzubereiten. Bislang wird damit gerechnet, dass die britische
Premierministerin Theresa May ihren Brexit-Vertrag am Dienstag
erneut zur Abstimmung im Parlament stellt. Das Unterhaus hatte
vergangenen Donnerstag dafür votiert, den für den 29. März
vorgesehenen EU-Austritt um maximal drei Monate zu verschieben.
Voraussetzung ist allerdings, dass die Abgeordneten diese Woche
dem Brexit-Vertrag zustimmen.

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