/Zuzana Čaputová: Quereinsteigerin auf dem Weg zur Präsidentschaft

Zuzana Čaputová: Quereinsteigerin auf dem Weg zur Präsidentschaft

Am Schluss hatte sie bei ihren Wahlkampfauftritten vier Bodyguards dabei, so groß war die Angst, dass aus dem geballten Hass auch gewalttätige Attacken werden könnten. Zuzana Čaputová, die 45-jährige Präsidentschaftskandidatin, verkörpert für viele Slowaken die Hoffnung auf einen neuen Politikstil. Andere aber machen sie genau deshalb zum Ziel ihrer aggressiven Schmutzkampagnen. “Bis es wirklich passiert, können Sie sich das Ausmaß nicht annähernd vorstellen”, sagte Čaputová zu slowakischen Journalisten, die sie auf die Drohungen gegen ihre Person angesprochen hatten.

Die Juristin ist überraschend als Favoritin aus der ersten Runde der slowakischen Präsidentschaftswahlen hervorgegangen: Mit 40,6 Prozent der Stimmen hat sie einen deutlichen Vorsprung vor dem EU-Kommissar Maroš Šefčovič errungen, der Zweitplatzierte kam auf 18,7 Prozent der Stimmen. Die entscheidende zweite Wahlrunde zwischen den beiden wird Ende März stattfinden. Šefčovič verantwortet derzeit als EU-Kommissar das Schlüsselthema Energiepolitik. Sowohl Čaputová als auch Šefčovič stehen für einen proeuropäischen Kurs.

Die Hoffnung auf einen anderen Politikstil

Die Härte, mit der die Präsidentschaftskampagne bisher geführt wurde, ist ein Indiz für die Tragweite dieser Wahlen in der Slowakei. Thematisch geht es, anders als in den vergangenen Jahren, weniger um Migration oder um die außenpolitische Verankerung des Landes. Prägend ist diesmal die Frage nach dem Politikstil – in jüngster Zeit kamen viele enge Kontakte hoher Regierungsvertreter zu dubiosen Geschäftemachern und mutmaßlichen Mafiagrößen ans Licht. Werden diese Affären weitergehen oder stellen sich die Slowaken gegen Korruption und Vetternwirtschaft? Das ist die zentrale Frage dieser Präsidentschaftswahl.

Das Ergebnis der ersten Runde kommentieren viele slowakische Journalisten und Wissenschaftler positiv, denn beide verbleibenden Kandidaten – Čaputová und Šefčovič – gelten als integer und skandalfrei. Wie knapp diese Entscheidung ausfiel, wird beim Blick auf die beiden nächstplatzierten Kandidaten deutlich: Der frühere Richter und Justizminister Štefan Harabin bekam 14,4 Prozent der Stimmen. Er ist in viele Affären der Vergangenheit verstrickt und eng mit allerhand Verschwörungstheoretikern verbunden. Knapp hinter ihm landete Marian Kotleba, ein Rechtsextremist, der zu Beginn seiner Karriere bei öffentlichen Auftritten gern selbst entworfene Uniformen trug.

Diese beiden Kandidaten, die offen gegen “das System” auftreten, bekamen zusammengerechnet weitaus mehr Stimmen als der zweitplatzierte Šefčovič. Das gibt in der Slowakei vielen zu denken.

Der Schock über einen Mord wirkt nach

Dass Zuzana Čaputová jetzt als Favoritin in die Stichwahl einzieht, hängt eng mit einem Ereignis zusammen, das ein Jahr zurückliegt und die Slowakei traumatisiert hat: Im Februar 2018 waren der Enthüllungsjournalist Ján Kuciak und seine Verlobte in ihrem Haus erschossen worden. Kuciak hatte kriminelle Verbindungen aufgedeckt, die bis in höchste Justiz- und Regierungskreise reichten. Auftraggeber des Mordes war nach Überzeugung der slowakischen Staatsanwaltschaft ein dubioser Geschäftemacher, der ebenfalls über hervorragende Kontakte in die Politik verfügt haben soll.

Diese Tat rüttelte im vergangenen Jahr viele Slowaken auf: Mehr als 100.000 Menschen schlossen sich Großdemonstrationen an. Sie traten für eine “anständige Slowakei” ein, so lautete ihr Schlachtruf. Der damalige Premierminister Robert Fico, eine Schlüsselfigur in vielen der nie juristisch aufgearbeiteten Skandale, musste schließlich zurücktreten.

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