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Fridays for Future: “Die Lehrer wollen mitmachen!”

Am Freitag gehen Tausende Schülerinnen und Schüler weltweit auf die Straße, um gegen die Klimakrise zu
demonstrieren. Es gibt Eltern, die sie dabei unterstützen und sich Parents for
Future nennen – aber bislang noch keine Lehrer. Das könnte sich ändern, denn einige
von ihnen haben sich gerade erstmals organisiert. Sie nennen sich Teachers for
Future. Ulf Ralfs war bei der Gründung dabei, als einziger Nicht-Lehrer. Er spricht für die Gruppe, die aus Angst
vor der Reaktion ihrer Arbeitgeber erst einmal anonym bleiben will. Ralfs lebt in Langwedel, Schleswig-Holstein. Er hatte Jahrzehntelang ein Radsportgeschäft in Kiel und ist seit Anfang der Achtzigern Mitglied der Grünen.

ZEIT ONLINE: Herr Ralfs, wer sind die Lehrer, mit denen Sie
geredet haben?

Ulf Ralfs: Sie kommen aus ganz Deutschland, aus Potsdam,
Freiburg, Düsseldorf, Langwedel. Zum ersten Mal haben sie sich Anfang März zu
einer Telefonkonferenz verabredet. Ich hatte davon im Netz gelesen und gedacht:
Das ist spannend. Die Lehrer wollen nicht einfach weiter
unterrichten und schweigen, während die Jugendlichen auf die Straße gehen.

ZEIT ONLINE: Was fordern sie?

Ralfs: Sie wollen Klima als ein Schulfach einführen, weil
über die Konsequenzen der Erderwärmung in der Schule kaum geredet wird.
Aufklärung in dem Bereich ist so verdammt wichtig.

ZEIT ONLINE: Warum sprechen wir mit Ihnen und mit keinem von
den Lehrern?

Ralfs: Ich bin Rentner, mir kann nichts passieren. Das ist bei den Lehrern anders. Bevor sie sich outen, müssen sie juristisch abklopfen, was ihnen drohen
könnte. Beamte dürfen nicht streiken, das hat das Bundesverfassungsgericht erst
letztes Jahr wieder bestätigt. Lehrer könnten von staatlicher Seite aus also am
verbindlichsten und direktesten reglementiert werden. Wenn man hört, wie die Stimmen, die gegen die Proteste sind, auch in der deutschen Politik laut
werden, müssen die Lehrenden höllisch aufpassen.

ZEIT ONLINE: Wie erleben Sie die Lehrer?

Ralfs: Sie sind total kämpferisch, aber die Situation ist
kompliziert. Sie sehen die Harmonie und die Solidarität in ihren Schulen
bedroht. Im Grunde möchten die Lehrer den Schülern beiseitestehen, sie müssen
aber gesetzliche Restriktionen fürchten. Man muss sich das mal vorstellen: Sie
stehen jeden Tag vor ihren Schülern, die gehen demonstrieren, die Lehrer wollen
eigentlich mit, dürfen das aber nicht laut sagen, sonst kann es Probleme geben.
Diejenigen, die sich nun zusammengetan haben, sagen: Wir gehören dazu. Die Lehrer
wollen mitmachen!

ZEIT ONLINE: Wie viele Lehrer waren bei den ersten
Gesprächen dabei?

Ralfs: Sechs. Bei der nächsten Telefonkonferenz am Samstag
werden es 15 sein. In Nordrhein-Westfalen haben schon über 600 Leute eine Petition von Lehrern
unterschrieben. Die Lehrer haben spät angefangen, sich zu engagieren, aber jetzt
geht es richtig los. Sie scharren mit den Füßen, endlich selbst etwas zu tun.

ZEIT ONLINE: Gibt es schon Reaktionen von Schülern?

Ralfs: Ich kenne die Initiatoren der Klimaproteste in Kiel.
Mit denen habe ich drüber gesprochen, ob man nicht eine Verbindung aufbauen
sollte. Aber einige der Schüler wollen die Lehrer gar nicht so sehr an sich
heranlassen.

ZEIT ONLINE: Was halten die Lehrer von dem Argument:
Freitags in der Schulzeit zu demonstrieren, ist verkehrt, in der Freizeit ist
die Glaubwürdigkeit viel größer?

Ralfs: Die sind alle für den Freitagmorgen. Es geht doch
auch darum, zu provozieren! Die Zukunft des Planeten ist wichtiger als vier
Stunden Unterricht.

ZEIT ONLINE: Was werden die nächsten Schritte sein?

Ralfs: Die müssen jetzt folgen. Mit diesem Interview erfährt die Öffentlichkeit zum ersten Mal in
Deutschland von den Teachers for Future. Es sollen noch viel mehr von ihnen zusammenkommen
und sich organisieren. Bislang fehlt es noch an den einfachsten Dingen: eine
Homepage, E-Mail-Adresse, möglicherweise ein Bankkonto.

ZEIT ONLINE: Was wünschen sich die Lehrer für die Zukunft?

Ralfs: Sie wollen sich frei und sicher bewegen können, wenn
sie mitdemonstrieren. Eine Einheit zwischen Lehrern und Schülern, die für die
gleiche Sache kämpfen – das ist das Ziel.

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