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Dieselautos: Das Fahrverbotsparadox

Manche Wörter machen Karriere. Erst
kennt sie niemand, dann erobern sie die Medien, schließlich sind sie in aller Munde.
Stickoxid ist so eines. Grenzwert ein anderes. Und wenn beide fallen, geht es
meistens um: Fahrverbote. Dass das Thema groß werden würde, zeichnete sich ab,
als das Bundesverwaltungsgericht im Februar 2018 beschloss, dass Städte
Fahrverbote verhängen dürfen
, um die Luftqualität zu sichern. Das wollte zwar
keine Stadt, aber seitdem klagen Umweltschützer, und Gerichte verordnen den
Städten die unbeliebte Maßnahme.

Das macht Dieselbesitzer wütend.
Und da Autofahrerinnen und -fahrer auch immer Wählerinnen und Wähler sind, ist das Thema Fahrverbote von
Anfang an ein politisches. Rund ein Jahr nach dem richtungsweisenden Leipziger
Urteil wird die Bundesregierung nun zwei Gesetze dazu in den Bundestag
einbringen.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) würde wahrscheinlich am liebsten ein Fahrverbotsverbot
beschließen
. Aber das würde vor Gericht wohl kaum bestehen. Also hat sich
die Union überlegt, wie man zumindest viele Fahrverbote verhindern kann.
Das Ergebnis: Die Maßnahme soll “in der Regel” nur in Gebieten in Betracht
kommen, in denen der Grenzwert um mindestens 10 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft
überschritten wird. Die Bundesregierung will also Gerichte dazu auffordern, keine
Fahrverbote anzuordnen, solange die Luft nur ein bisschen zu dreckig ist.

Die EU ist einverstanden

Die Überlegung dahinter: Die
Stickoxidbelastung sinkt kontinuierlich, viele Städte werden die Grenzwerte in
naher Zukunft vermutlich von selbst einhalten. Und die Politik kann den Wert eventuell
mit anderen Maßnahmen unter die vorgeschriebenen 40 Mikrogramm drücken. Etwa
indem Busse und kommunale Fahrzeuge auf elektrischen Antrieb umgestellt werden.

Als der Plan bekannt wurde, war der
Aufschrei groß. Kritikerinnen und Kritiker sahen eine Umgehung des Grenzwerts.
Die EU, die den Wert beschlossen hat und wegen seiner Nichteinhaltung bereits gegen
Deutschland klagt, werde das nicht zulassen, war sich etwa die Deutsche
Umwelthilfe sicher
. Doch sie täuschte sich: Die EU-Kommission stimmte dem
Vorhaben zu
. Denn in dem geplanten Gesetz geht es nicht darum, den Grenzwert zu
verändern. Sondern darum, welche Maßnahmen greifen sollen, wenn er überschritten
wird.

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