/Champions-League-Aus von Bayern München: Sie sind gewöhnlich geworden

Champions-League-Aus von Bayern München: Sie sind gewöhnlich geworden

Es war eine typische, aber erstaunliche Szene Mitte der zweiten Halbzeit: Wieder einmal versammelten sich nahezu alle Bayern-Spieler vor dem Tor, das Manuel Neuer hütete. Minutenlang, was im Fußball Ewigkeiten gleicht, spielte sich das Geschehen am Münchner Strafraum ab. Liverpool griff an, Bayern verteidigte. Typisch deshalb, weil der FC Bayern in diesem 180-minütigen Achtelfinale stets defensiv und passiv auftrat wie lange nicht mehr, wie vielleicht noch nie.

Erstaunlich, denn Liverpool hatte kurz zuvor getroffen, die Bayern also 1:2 zurücklagen und noch zwei Tore schießen mussten. Aber auch im Rückstand fingen die Bayern nicht das Stürmen an. Die wenigen Bemühungen verkümmerten. Auch der FC Liverpool war nicht grandios in diesem Duell, doch war er immer noch zu gut für einen FC Bayern, der mitunter irre spielte und sich fürs Erste aus der europäischen Elite verabschiedete.

Die Bayern haben sich von dem gut scheinenden Ergebnis im Hinspiel täuschen lassen. Sie hatten an der Anfield Road ein 0:0 über die Zeit gebracht. Die Mannschaft hatte sich dort in der eigenen Hälfte  versteckt – und den Ball vor dem Gegner. So entwaffnete sie den heimstarken FC Liverpool. Doch zu einem hohem Preis: Die Bayern schossen kein einziges Mal aufs Tor. Sie spielten noch weniger auf Angriff und Sieg als unter Ottmar Hitzfeld und auch unter Giovanni Trapattoni. Was manche als Weltklasse interpretierten, war bloß solides Mauerwerk, das mit ein wenig Glück an diesem Tag aufging.

Stil lässt sich nicht so einfach wechseln wie ein Trikot und so fand der Liverpool-Modus der Bayern seine Fortsetzung im Rückspiel. Die bayerische Offensive blieb aus. Ganz selten wurde Liverpool unter Druck gesetzt. Meist griffen die Bayern mit, wenn überhaupt, drei oder vier Spielern an, statt mit sechs, sieben oder acht. “Wir sind in beiden Spielen zu wenig Risiko gegangen”, klagte Robert Lewandowski, der in beiden Spielen nicht in Erscheinung trat, einem norwegischen TV-Sender. Ihm habe die Unterstützung gefehlt.

Wobei erneut dessen Ballführung auffiel. Sie ist nicht gut genug, um sich in engen Situationen Raum zu verschaffen. Um zu vollstrecken, braucht Lewandowski den Ball pfannenfertig. Virgil van Dijk meldete ihn völlig ab. Offenbar ist Lewandowski zudem von den Pfiffen der Bundesliga-Schiedsrichter verwöhnt, bei jeder Winzigkeit forderte er Freistoß oder Elfmeter.

Hilflos im Aufbau

Lewandowski war natürlich auch Leidtragender fehlender Zuarbeit. In vielen Situationen wirkten seine Hinterleute hilflos im Aufbau. Einfache Pässe landeten im Aus, beim Gegner oder flogen herren- und ziellos weit in Liverpools Hälfte. Gezählt wurden auch insgesamt neunzehn Rückpässe auf Manuer Neuer. So wurden die Gäste stark.

Vor deren Führungstor schafften es die Bayern lange nicht, sich über die Mittellinie zu kombinieren. Und sie gestatteten der Elf Jürgen Klopps ein einfaches Erfolgserlebnis, das in einem simplen langen Pass des Abwehrspielers van Dijk seinen Ausgang nahm. Sadio Mané entwischte Rafinha, Niklas Süle erkannte die Situation zu spät und Manuel Neuer verließ sein Tor. An den Ball kam er nicht, sondern Mané, der drehte sich dann nach links und nicht, wie erwartet, nach rechts. Der Weg ins Tor war frei. Selbst ein Tormann wie Neuer macht Dinge falsch. Wollen wir nicht hoffen, dass es an der Säbener Straße bald wieder an der Tür klingelt. Doch Neuers Fehler war nicht nur individueller Natur, vor ihm stimmte die Ordnung nicht.

Die zwei weiteren Gegentore zum 1:2 und 1:3 fielen durch Kopfbälle, bei denen Mats Hummels nicht richtig stand – vor den Augen Joachim Löws und Oliver Bierhoffs, der als DFB-Friedensangebot einen Bayernschal trug. Wobei gesagt werden muss, dass solche Sachen im Tempo des Spiels eben vorkommen.

Entscheidender ist eine andere Sache: Hummels kann seine Stärken vor allem dann ausspielen (oder seine Schwächen überdecken), wenn die Abwehr tief steht. Hoch verteidigen, also weit weg vom eigenen Tor, und dadurch den Gegner unter Druck setzen, funktioniert nur mit schnellen Abwehrspielern. Also eher mit anderen. Als Hummels nach dem Spiel über den passiven Stil sprach, klang er nicht unzufrieden. Er und Lewandowski wollen verschiedenes.

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