/Glyphosat: EuGH-Gutachten hält bisherige Verordnungen für ausreichend

Glyphosat: EuGH-Gutachten hält bisherige Verordnungen für ausreichend

Die Generalanwältin des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sieht keinen Grund, an der Ordnungsmäßigkeit der Zulassung des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat zu zweifeln. Das Prüfsystem dafür sei “solide” und ermögliche auch die nachträgliche Korrektur von Bewertungsfehlern. Glyphosat sei “kein einschlägiges Beispiel für vermeintliche Mängel im Gesamtsystem der Regulierung von Pflanzenschutzmitteln”, schreibt die Generalanwältin, deren Bewertung die Richter zwar nicht folgen müssen, der sie sich aber häufig anschließen (Az. C-616/17).

Hintergrund des Gutachtens ist ein Strafverfahren gegen Aktivisten, die in Frankreich in mehreren Geschäften Kanister eines glyphosathaltigen Pflanzenschutzmittels mit Farbe beschmiert haben sollen. Sie müssen sich deshalb wegen Sachbeschädigung vor Gericht verantworten. Das Strafgericht rief daraufhin den EuGH an und wollte wissen, ob die maßgebliche EU-Verordnung zu Pflanzenschutzmitteln ausreicht, um
den Schutz der Bevölkerung und der Umwelt vollständig zu gewährleisten. Sollte sich herausstellen, dass die Substanzen womöglich mit Risiken verbunden sind, könnten die französischen Justizbehörden von einer Strafverfolgung der Aktivisten absehen.

Hierfür sieht die Generalanwältin keinen Anlass und kann nach eigenen Angaben keinen Beweis erkennen, wonach die EU bei der Glyphosat-Zulassung “offensichtlich
fehlerhaft gehandelt” hat.

Glyphosat war 2002 erstmals und 2017 dann  – nach monatelangen Auseinandersetzungen und Protesten vor allem auch in Deutschland – für weitere fünf Jahre in der EU zugelassen worden. Inzwischen gehört das Herbizid zu den gängigsten Unkrautvernichtungsmitteln, etwa durch den breiten Einsatz des populären Mittels Roundup, das inzwischen zum Bayer-Konzern
gehört. Die Leverkusener hatten das US-Unternehmen Monsanto
übernommen
, das die Substanz einst entwickelt hatte. Inzwischen ist Glyphosat aber patentfrei und wird weltweit von Dutzenden
anderen Chemiekonzernen wie Dow AgroSciences und der deutschen BASF
vermarktet.

Rückstände des Giftes finden sich unter anderem in Pflanzen, im Wasser und in Lebensmitteln. Ob dies gesundheitsgefährdend ist, steht nicht zweifelsfrei fest. Im März 2015 etwa stufte die Internationale Krebsforschungsagentur der
Weltgesundheitsorganisation (WHO) Glyphosat als “wahrscheinlich
krebserregend” für den Menschen ein
. Dabei beurteilte die Agentur
allerdings nur prinzipiell, ob die chemische Zusammensetzung von Glyphosat
potenziell gesundheitsgefährdend sein kann.

Andere Studien und Institute, darunter auch das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit
(Efsa) und die Europäische Chemikalienagentur (Echa), widersprechen diesem Befund. Sie bewerten
Glyphosat weiterhin nicht als akut gesundheitsgefährdend. Sie schätzten
dabei das Risiko ein, ob die Anwendung des Pestizids vor allem für die
allgemeine Bevölkerung gefährlich sein könnte.

Zuletzt war im Mai 2016
ein weiteres Fachgremium, an dem die WHO beteiligt war, zu dem Ergebnis
gekommen: “Glyphosat ist nicht krebserregend.”
Seither gibt es einen politischen und öffentlich ausgetragenen Streit
über die Zukunft des Pestizids. Einer der Streitpunkte: Die Bewertungen von Glyphosat beruhen in Teilen
auch auf Studien, die nicht öffentlich zugänglich waren. Zuletzt hatte das EU-Gericht in Straßburg verfügt, dass die Efsa-Behörde der Öffentlichkeit Zugang zu einer Studie gewähren muss. Allerdings kann gegen dieses Urteil noch Revision eingelegt werden.

Hits: 4