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EU-Reform: SPD und Opposition bemängeln EU-Ideen von Kramp-Karrenbauer

Das Europa-Konzept von CDU-Chefin Annegret
Kramp-Karrenbauer
wird vom Koalitionspartner SPD kritisiert. Außenminister Heiko Maas (SPD) warnte die CDU/CSU vor
Zögerlichkeit. Deutschland dürfe sich nicht “aus Zaghaftigkeit große Chancen
verbauen”. Der SPD-Politiker sagte, die SPD stehe zu dem
im Koalitionsvertrag vereinbarten Vorhaben eines europäischen
Mindestlohns. In der ARD sagte Maas, dass für die sozialdemokratische
Seite der Regierung der europäische Mindestlohn ein Thema sei, “das wir sehr ernsthaft mit
unseren Partnern und vor allen auch natürlich mit Frankreich
vorantreiben wollen”.

SPD-Fraktionsvize Achim Post sagte, das europäische Mindestlöhne “keine Erfindung des
französischen Präsidenten, sondern Bestandteil des Koalitionsvertrages” seien.
Das Europa-Konzept der CDU-Vorsitzenden lasse zudem “jeden sozialen Gestaltungsanspruch” für Europa vermissen. “Echter Fortschritt für ein starkes und
gerechteres Europa sieht anders aus”, sagte Post.

Kramp-Karrenbauer
hatte in einem Gastbeitrag für die Welt am Sonntag auf den
jüngsten
EU-Reformvorstoß von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron geantwortet
und ihre Vorstellungen für die künftige Zusammenarbeit in der
Europäischen Union dargelegt. Darin hatte sie eine
Europäisierung des Mindestlohns als falschen Weg
bezeichnet und auch der Forderung nach gemeinsamen Sozialsystemen eine Absage erteilt. Stattdessen forderte die CDU-Vorsitzende mehr Entscheidungsspielraum für die nationalen Regierungen. Europa solle
auf “zwei gleichberechtigten Säulen der intergouvernementalen Methode
und der Gemeinschaftsmethode stehen”, schrieb die Christdemokratin. Damit ist gemeint, dass die
Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten anders als heute in Zukunft
gleichberechtigt gegenüber dem Europaparlament wären.

Kritik aus Europa und Deutschland

Bei Europapolitikern stößt dieser Vorschlag auf Widerstand. Der Sprecher der Grünen im
Europaparlament, Sven Giegold, bezeichnete diese Forderung als einen Traditionsbruch, der Europa dauerhaft schwäche. Die Idee bedeute “mehr Hinterzimmer und
weniger transparente Entscheidungen in Europa”, sagte Giegold. Kramp-Karrenbauer verabschiede sich mit diesem Vorstoß vom Europaparlament als eine der “wichtigsten Säule der
europäischen Demokratie”.

AfD-Fraktionschefin Alice Weidel kritisierte, Kramp-Karrenbauers
“Absage an Zentralismus und Vergemeinschaftung von Schulden,
Sozialsystemen und Mindestlohn ist vollkommen unglaubwürdig”. Die Bundeskanzlerin und die CDU unterstützen Macron weiterhin. Wäre es der CDU-Vorsitzenden “ernst”, müsste sie
“konsequent auch den Ausstieg aus dem gescheiterten Experiment der
Euro-Gemeinschaftswährung in Angriff nehmen und das Festhalten an den
für alle offenen Binnengrenzen in Frage stellen”, fügte Weidel hinzu.

Brinkhaus hält europäischen Sicherheitsrat für umsetzbar

Die
EU-Spitzenkandidatin der FDP, Nicola Beer, hob darauf ab, dass Kramp-Karrenbauer als CDU-Chefin auf Macrons Vorschläge antworte. Sie habe aber weder ein Regierungsamt-, noch ein Mandat im Parlament. “Wo bleibt denn die
Antwort der Bundesregierung”, fragte Beer. Zugleich bemängelte sie einen
“eklatanten Widerspruch” zwischen Kramp-Karrenbauers Europa-Bekenntnissen und dem deutschen Regierungshandeln.

Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) wies die Kritik am Europa-Konzept der Parteichefin zurück. Der Vorwurf, Deutschland lasse Macron “auflaufen”, sei ein “Irrtum”, sagte Brinkhaus am Montag im ZDF-“Morgenmagazin”. Seit Macrons
erstem Reformvorstoß vor anderthalb Jahren sei schon viel bewegt worden, aber die Forderung nach generell mehr Institutionen und europäischen Budgets halte die Union aber nicht für die Lösung.

Brinkhaus signalisierte dagegen Unterstützung für eine gemeinsame Asylpolitik und
eine gemeinsame Asylbehörde. Als “auch für Frankreich revolutionär” bewertete der Christdemokrat den von Macron vorgeschlagene europäischen Sicherheitsrat. “Weil das bedeutet,
dass man militärische Macht abgeben muss, dass man außenpolitische
Kompetenz abgeben muss. Und das ist für die Franzosen glaube ich sehr,
sehr schwierig. Und insofern haben wir da einiges zu besprechen”, so der Unions-Fraktionschef.

Der ehemalige griechische Finanzminister Yanis Varoufakis, der bei der Europawahl für die deutsche Liste
“Demokratie in Europa” antritt, äußerte sich in der Sendung Anne Will hingegen skeptisch. Zwar teile er Macrons Forderungen, glaube aber nicht, dass sie in absehbarer Zeit umgesetzt werden könnten. Als Grund dafür nannte Varoufakis den erstarkenden Nationalismus in vielen europäischen Mitgliedsstaaten.

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