/Bundesliga-Rückschau: Jetzt weiß Jogi Löw, was eine Harke ist

Bundesliga-Rückschau: Jetzt weiß Jogi Löw, was eine Harke ist

Wer spielte wie gegen wen?

Herzchensieger des Spieltags ist Borussia Mönchengladbach. Am wenigsten geliebt wurde, und für die kommt es eben dick in diesen Tagen, Schalke 04.

Welches Spiel durften Sie auf keinen Fall verpassen?

Werder gegen Schalke. Zwei Traditionsvereine. 42.100
Zuschauer. Sechs Tore. 34 Torschüsse. 28 Fouls. Ein Doppelpack. Ein strittiger
Videobeweis. Ein umjubeltes Comeback. Es soll schon schlechtere Arten gegeben
haben, seinen Freitagabend zu verbringen. Zum Beispiel in der Haut von Domenico Tedesco zu stecken und mit bleichem Gesicht im Flutlicht des Weserstadions zu
stehen, um dort vermutlich endgültig zu realisieren, dass es mit dieser
Mannschaft nichts mehr werden wird in der Saison 2018/19.

Silbern dagegen das
Haupt von Bremens Fin Bartels, der, als man ihn das letzte Mal in der
Bundesliga Fußball spielen sah – am 9. Dezember 2017 – noch deutlich weniger
Grau auf dem Schädel spazieren trug. Gegen den bedauernswerten FC Schalke
feierte er mit der Einwechslung für den Doppelpacker Milot Rashica sein
Comeback und es passte zu diesem Abend und zu dieser für alle Gelsenkirchener
so schmerzhaften Spielzeit, dass Bartels kurz darauf ein Luftloch trat,
ausrutschte und mit der ungewollten Grätsche Daniel Caligiuri verletzte.
Diagnose: Riss des vorderen Syndesmosebandes, vier bis sechs Wochen Pause.
Eigentlich erstaunlich, dass der Schalker Mannschaftsbus auf der Rückreise nicht
noch ein vom Aussterben bedrohtes Tier über den Haufen fuhr oder sich Tedesco
auf der Pressekonferenz den Kiefer ausrenkte.

Welches Spiel guten Sie mit gutem Gewissen verpassen?

Freiburg gegen Hertha. Jedenfalls dann, wenn Sie es mit den
Berlinern halten und nach dem 24. Spieltag eigentlich gedacht hatten, dass solch
ein kurioses Doppeltor, wie es Niklas Stark gegen den FSV Mainz gelungen
war, ganz sicher noch einmal passieren werde. Aber dit is Berlin, diese Stadt
muss sich scheinbar immer wieder selbst übertrumpfen und deshalb schoss der
Herthaner Vedad Ibišević erst in der 76. Minute den Ausgleich und weil er
gerade dabei war fünf Minuten später noch ein Tor. Eine
Flanke ließ der Stürmer elegant über den Scheitel ins lange Eck fliegen, so was
kannst du nicht lernen. Aber man würde es gerne verhindern, denn es handelte
sich um ein Eigentor und letztlich auch den
Siegtreffer für den SC Freiburg.

Wer stand im Blickpunkt?

Mats Hummels, Thomas Müller, Jérôme Boateng und Allen Iverson. Drei dieser Legenden hatte Nationaltrainer Jogi Löw so lieblos entsorgt wie sonst nur Nasensekret bei großen Turnieren, und
selbstverständlich empfanden das die Ausgebooteten und ihr Arbeitgeber als
großes Unrecht. Der sonst so ulkige Thomas Müller meldete sich gar mit einer
ganz und gar nicht ulkigen Videobotschaft zu Wort
und im Gesicht von Uli Hoeneß
wollen Forscher unbestätigten Meldungen zu Folge einen ganz neuen Rotton
entdeckt haben. Die Bayern wären aber nicht die Bayern, hätten sie nach der
Watschn des Bundestrainers nicht die Muskeln spielen lassen wie ein geprellter
Bodybuilder in der nächsten Disconacht.

Folgerichtig schickte Trainer Niko Kovač gegen den VfL Wolfsburg sowohl Hummels als auch Boateng und Müller auf
den Rasen, erhöhte pflichtbewusst noch einmal den Druck (“Ich erwarte, dass sie
beweisen, dass sie immer noch zu den Besten gehören”) und durfte dann
genüsslich beobachten, wie seine Weltmeister beim 6:0-Kantersieg dem fiesen Löw
zeigten, was eine Harke ist.

Während Hummels und Boateng routiniert wie zwei
Türsteher im 25. Dienstjahr sämtliche Angriffsversuche der zugegeben sehr
handzahmen Wolfsburger abprallen ließen, legte Müller ein Tor auf und schoss
selbst eins, was die Kollegen von Spiegel Online zu einer hübschen
Produktbeschreibung motivierte, als sie dem Nationalspieler a.D. eine
“unkonventionelle Krummfüßigkeit” attestierten
. Und während Leon Goretzka nach
dem sauberen halben Dutzend in pathetische Ergriffenheit versank (“Ich verspüre
als Deutscher und als Fußballer immer noch große Dankbarkeit, weil sie mir
unheimlich schöne Stunden bereitet und 2014 auch den Titel geholt haben”), kommentierte
Mats Hummels den Sieg auf seinem Instagram-Account mit einem kleinen
solidarischen Gruß nach Übersee: “Iversonesque” – eine sporthistorische Anspielung
auf die einstige Ausbootung des Basketballkünstlers Allen Iverson aus der
amerikanischen Nationalmannschaft, der anschließend noch glorreiche Zeiten auf Clubebene erlebte. Auch ein Grund dafür, warum man dem flinken Korbleger einen
schönen Spitznamen verpasste, über den sich gegenwärtig sicher auch Mats Hummels und Kollegen freuen würden: The Answer – die Antwort.

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