/Linke Sammlungsbewegung: “Wagenknecht bleibt liegen”

Linke Sammlungsbewegung: “Wagenknecht bleibt liegen”

Der
Rückzug von Linke-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht aus der Spitze von Aufstehen war nicht mit anderen führenden Politikern der Bewegung abgesprochen. Der
parteilose Bundestagsabgeordnete Marco Bülow sagte dem Neuen Deutschland:
“Wir haben es auch nur aus der Presse erfahren und müssen uns erst mal
beraten.” Bülow war Ende 2018 aus
der SPD ausgetreten und ist Mitglied des vorläufigen Vorstands von Aufstehen.

Der
Linke-Abgeordnete Norbert Müller schrieb auf Twitter: “Aufstehen hat
unsere Partei 1,5 Jahre lang gelähmt. Die Verantwortlichen dafür können sich
jetzt nicht einfach wegschleichen und so tun, als sei nix gewesen.” Die Bewegung sei am autoritären Stil ihrer Gründer gescheitert. “Fürs Ego einzelner” sei die Partei in eine Krise getrieben worden.

Dass
die Bewegung scheitern werde, sei von Anfang an klar gewesen, schrieb Anke Domscheit-Berg, die für die Linke im Bundestag sitzt, aber kein Parteimitglied
ist: “Man kann Bewegungen nicht von oben anordnen und nicht undemokratisch
führen.” Es habe Partei und Fraktion sehr belastet, dass Wagenknecht
mit Aufstehen lange Zeit andere Prioritäten gehabt habe “und
inhaltliche Widersprüche zu Fraktions- und Parteipositionen vertrat”.

“Wagenknecht bleibt liegen”

Bei
der SPD, der Wagenknecht vorgeworfen hatte, sich “eingemauert” zu
haben und in einer Sackgasse zu sein
, gab es eher hämische Reaktionen. “Wagenknecht
bleibt liegen. Will nicht mehr aufstehen. Die Arbeit sollen jetzt andere
machen. Peinlich”, twitterte der Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs.

Sein
Parteifreund Simon Vaut, SPD-Europakandidat aus Brandenburg, sprach von einer
guten Nachricht. Wagenknecht sei mit ihrer Bewegung sang- und klanglos
gescheitert: “Ihr nationaler Sozialismus schadet.” Rot-Rot-Grün sei
nun “wieder ein bisschen wahrscheinlicher geworden”.

Der
CDU-Bundestagsabgeordnete Sebastian Steineke schrieb auf Twitter: “Aufstehen
ist schon wieder am Ende, der linke Traum bleibt wie zu erwarten eine bloße
Utopie.”

“Ein großartiges Projekt”

Sahra Wagenknecht versicherte auf ihrer
Facebook-Seite: “Selbstverständlich werde ich mich weiter für Aufstehen
engagieren und die Bewegung mit aller Kraft unterstützen.” Es handele sich
um ein großartiges Projekt, das gebraucht werde. “Allerdings brauchen wir
genau dafür funktionsfähige Strukturen, in den Ländern, vor allem aber an der
Spitze.”

Der ehemalige Linksparteichef Oskar Lafontaine sagte der Bild am Sonntag, Aufstehen
sei sehr gut gestartet. “So ist bewiesen: Der Bedarf nach einer Politik,
die das Soziale wieder in den Mittelpunkt rückt, ist groß. Wir brauchen Zeit,
um eine funktionierende Organisation aufzubauen.” Trotz guter
Umfrageergebnisse habe man auf Drängen vieler Mitglieder darauf verzichtet, bei
der Europawahl anzutreten, “weil wir keine Aufspaltung des linken
Lagers wollen”.

Ein Spaltungsversuch?

Wagenknecht
hatte Aufstehen Anfang September mit Lafontaine gestartet, um
linke Wählerinnen und Wähler zu erreichen, die sich von den klassischen Parteien abgewendet
haben. Bei der Linken stieß sie damit auf viel Ablehnung, auch die Spitzen von
SPD und Grünen reagierten skeptisch. Kritikerinnen und Kritiker werten die Sammlungsbewegung als Spaltungsversuch. Als besonders schlecht gilt das
Verhältnis zwischen Wagenknecht und den Parteivorsitzenden Katja Kipping
und Bernd Riexinger.

Heute zählt die Bewegung Aufstehen
nach eigenen Angaben 170.000 Unterstützer, spielt politisch aber keine
sichtbare Rolle
. Anders als bei Parteien muss kein Mitgliedsbeitrag
gezahlt werden; eine Anmeldung im Internet genügt, um als “Unterstützer” zu
gelten.

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